Beiträge von Ser Oberyn Martell

    Für mich läuft das Ganze auf eine recht einfache Tatsache hinaus, die da lautet: Der Mann macht seinen Job nicht. In einer Situation, in der es beruflich (und damit wahrscheinlich auch finanziell) ziemlich mies lief, hat er eine Geschichte angekündigt, die dann in Einzelbänden veröffentlicht wurde. Wie man das halt so macht als Autor, wenn das Geld reinkommen muss und man daher nicht warten kann, bis man die gesamte Geschichte aufgeschrieben hat. Der Leser kauft die Bände nach dem jeweiligen Erscheinen, der Autor bekommt regelmäßig Geld und kann seiner selbst gewählten Tätigkeit nachgehen. Das beinhaltet aber auch irgendwo das moralische Versprechen von Seiten des Autors, sein Bestmöglichstes zu tun, um die Geschichte zu beenden. Wenn der Leser nämlich lieber wartet, bis alles da ist, hat der Autor ein ziemlich großes Problem, dann ist der Laden ganz schnell zappenduster. Als Leser gehe ich das Risiko ein, dass ich die Geschichte nicht zu Ende lesen kann, weil etwas Unvorhergesehenes passiert. Der Autor kann sterben oder andersweitig verhindert werden, die Reihe rentiert sich vielleicht nicht und wird eingestellt, und so weiter. Finanziell abgesicherte Unlust beim Autor gehört für mich aber zumindest nicht dazu. Anstatt jetzt aber vor den Lesern zu Kreuze zu kriechen, sich tausend Mal für das eigene Versagen zu entschuldigen und nach einer Lösung zu suchen, um das Ganze in irgendeiner Form noch versöhnlich zu gestalten, macht der Autor den Leser jetzt noch auf unverschämte Weise blöd an oder kübelt mich wahlweise mit seinen Befindlichkeiten zu. Der Mann interessiert mich nicht mehr als der Mitarbeiter für Reisekoffer im nächsten Kaufhof, und dementsprechend wenig interessieren mich auch seine Befindlichkeiten. Ich kenne ihn nicht, gehe nicht davon aus, dass ich ihn kennenlernen werde und wüsste ehrlich gesagt auch nicht so ganz, warum ich das überhaupt tun wollen würde. Mich interessiert sein Werk, er selber macht für mich, wenn man sich mal ein paar seiner Auftritte angeschaut hat, jetzt auch nicht mehr her als ein durchschnittlicher Talkshowgast in einer durchschnittlichen deutschen Talkshow. Ein paar nette Anekdoten aus den Siebzigern, ein paar witzige oder informative Äußerungen zu seinem Werk, ein paar schlagfertige Abtäusche mit dem Moderator. Da kann ich mir auch eine beliebige Folge Jimmy Fellon ansehen. Oder was ich eigentlich sagen wollte: Er soll seinen Job machen und aufhören, die Leser vollzuheulen oder ihnen Schwachsinn aufzutischen. Rant over. Und das an so einem schönen, sonnigen Tag...

    Vielleicht könnt ihr ja jetzt endlich mal aufhören, den Mann ständig mit Nachfragen zu Winds zu nerven. Der Mann arbeitet doch dran. Mit höchster Priorität. Hat er doch immer wieder gesagt. Und bis das Buch fertig ist, wird er auch an keiner Serie mehr beteiligt sein, auf keiner Veranstaltung mehr erscheinen, keine anderen Bücher schreiben, an keiner Weltraummission teilnehmen. Außerdem seid ja auch selber schuld, wenn ihr denkt, dass Winds oberste Priorität hat. Selbstverständlich ist Eis und Feuer viel mehr als der nächste Band von Eis und Feuer. Aber wer sich nicht um eine animierte Serie zu Yi Ti schert, kann eben nur bemitleidet werden. Und jetzt lasst den armen Mann in Ruhe! Man kann ja wohl verstehen, dass er in seinem Alter einfach noch ein bisschen Spaß haben will. Er schuldet euch gar nichts. Ihr seid ja bloß neidisch auf seinen Ruhm und sein Geld. Wie genau ist er eigentlich noch mal zu beidem gekommen? Ach egal, noch einen Margarita. Prost!

    Stimmt schon alles. Und trotzdem ist er der einzige der drei, der den Job richtig ernst nimmt und herausfinden will, was eigentlich geschehen ist. Und während Gared flieht und offenbar dem Wahnsinn verfällt, steht Waymar seinen Mann. "Dance with me then!"

    Warum sollten NATO oder EU plötzlich anfangen, frisch gefrorene Konflikte in sich einzubinden?


    Naja, so ganz daneben lag ich mich dem Gedanken ja nicht, wo es jetzt tatsächlich Überlegungen in diese Richtung gibt. Wird natürlich nicht schon morgen passieren, aber perspektivisch ist das auf dem Tisch.


    Klar, die jetzigen Vorgänge spielen sich in anderen Maßstäben ab als Krim oder Donbass und Ukraine grenzt im Gegensatz zu Georgien oder Tschetschenien direkt an NATO - und EU-Staaten, sodass die Empörung und der Handlungsdruck größer sind, aber ob das reicht, damit ihm die Unterstützung im Westen im relevanten Maße wegbricht?


    Die Autokratie-liebenden Rechten und die NATO-feindlichen Linken in Westeuropa wirst du nie überzeugen können, aber die sind auch eher selten relevant für die Regierungsentscheidungen. Somit würde ich schon sagen, dass relevante Unterstützung für Putin in erheblichem Maße weggebrochen ist.


    Ich kann manchmal nachts das Handy kaum weglegen, weil ich Angst habe, eine entscheidende Entwicklung zu verpassen, und mich die Fassungslosigkeit einfach wach hält. Andererseits sehe ich mich ein wenig in meinen ursprünglichen Hoffnungen bestätigt, dass der Preis für Putin sehr hoch sein wird. Bin mir nicht sicher, wie viele Punkte auf seiner "Dinge, die ich nie wollte"-Liste angesichts massiver Sanktionen, westlicher Aufrüstung und Unterstützung für die Ukraine noch offen sind. Außerdem interessiert man sich plötzlich dafür, dass Russland seit Jahren Einfluss auf westliche Gesellschaften und Politik nimmt. Und ich bewundere den Widerstand der Ukraine. Auch wenn das eigentlich gar nicht vergleichbar ist, hatte ich immer noch ein bisschen das kürzliche Desaster in Afghanistan vor Augen, also einen Fall innerhalb kürzester Zeit. Aber hier läuft das ja doch in eine andere Richtung. Slawa Ukrajini!

    Ich versuche gerade, irgendetwas Positives aus dieser Katastrophe zu ziehen. Könnte es vielleicht darin zu finden sein, dass bei allem individuellen und kollektiven Leid, dass Putin über die Ukraine bringt, er seine eigene Position nachhaltig schwächt? Wenn er die Ukraine gänzlich besetzen will, wird das teuer für ihn, wenn er eine Marionette einsetzt, wird diese es sehr schwer haben, wenn er das Land zerstört und sich zurückzieht, könnte der Westen einen Marshallplan samt Einbindung in westliche Bündnissysteme auf den Tisch legen. Und unabhängig von der Situation in der Ukraine hat Putin zahlreiche Fürsprecher im Westen verloren und so deutlich sein wahres Gesicht gezeigt, dass der Westen ihn wieder ganz oben auf der Liste hat und in geradezu unbekannter Einigkeit und Geschlossenheit auftritt. Das macht all das Leid nicht ungeschehen, aber diese Hoffnung ist glaube ich gerade elementarer Bestandteil meiner Verarbeitungsstrategie.

    Außerdem ist der Pazifismus der Linken auf dem Blatt sehr niedlich, in der Realität aber brandgefährlich. Ja, Waffenexporte in gewisse Länder gehören verboten, absolut. Aber es ist eben nicht so, dass alle Länder auf der Welt Eigeninteressen haben und Deutschland eine Vermittlerrolle zwischen den USA, Russland und China einnehmen sollte. Wir gehören zum globalen Westen und haben größtes Interesse daran, die damit einhergehenden demokratischen Werte für unser Land zu verteidigen. Wir befinden uns im Wettlauf der Systeme, da kann man nicht neutral bleiben. Zumal es ein Witz ist zu glauben, dass Russland in irgendeiner Form ein potenzieller Bündnispartner für uns wäre. Das Regime versucht seit Jahren, die westlichen Demokratien zu destabilisieren, indem sie die politischen Ränder stärkt und durch das Eingreifen in Syren Flüchtlingsströme zumindest in Kauf nimmt, wenn nicht sogar gezielt hervorruft (Flüchtlingsströme ist ein doofes Wort, ich nehme es hier trotzdem mal, weil es von der politischen Rechten verwendet wird, die dadurch gestärkt wurde). Die AfD lässt sich ja anscheinend von Russland aus finanzieren, die Linke lässt sich freiwillig einspannen. Der Westen ist nur innerhalb eines gemeinsamen militärischen Bündnisses handlungsfähig, und in dem Moment, wo wir die NATO auflösen finden sich in den drei baltischen Ländern russische Minderheiten, die ganz böse unterdrückt werden und unbedingt wollen, dass das Sowjetreich wiederaufersteht. Dann wird es ein paar Medienmogule geben, die mit Putins Geld prorussische Stimmung machen, ebenso die Internettrolle, ein paar gezielte Eskalationen, und zehn, fünfzehn Jahre später rollen die Panzer (oder was auch immer dann in Gebrauch sein wird) zur Wiederherstellung der Ordnung über die Grenze nach Westen. Muss nicht sein.
    Auch in praktischer Hinsicht hätte so eine Koalition große Probleme. Was wäre denn, wenn der Bündnisfall ausgerufen wird? In dem Moment ist die Regierung umgehend am Ende. Dann hätten wir eine Regierungskrise in so einer Situation, wäre ziemlicher Mist.


    Das mit der möglichen Ausrufung des Bündnisfalls war für mich immer eher theoretischer Natur, aber jetzt mache ich drei Kreuze, dass es nicht zu RRG gekommen ist bzw. kommen konnte. Und für Sahra und Oskar findet sich bestimmt ein warmes Plätzchen. Vielleicht dort, wo sich Stalin gerade aufhält. Und für Gerhard vielleicht noch einen Platz im Vorzimmer.

    Klar ist ein Pilot dafür da, die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Serie zu ergründen. Ganz so entspannt sieht man das bei HBO mit den 30 Millionen aber anscheinend nicht, deshalb wurde House of the Dragon auch ohne Pilot in Auftrag gegeben.

    Irgendsoeine Prequel-Serie wurd jetzt gecancelt, obwohl für viel Geld schon die Pilotfolge gedreht worden war.


    Die wurde schon vor längerer Zeit gecancelt. Das war diese Serie zur Langen Nacht. Also mit den Weißen Wanderern, Kindern des Waldes, Starks und Proto-Lennisters, wo die Wanderer am Ende besiegt werden. Nachdem man 30 Millionen für die Pilotfolge verbraucht hatte, ist aber anscheinend irgendwem bei HBO aufgefallen, dass sie erst kürzlich eine recht ähnliche Serie gedreht hatten, und dann wurde das Projekt wieder eingestampft.

    GRRM, Mai 2017:


    We're not doing Dunk & Egg. Eventually, sure, I'd love that, and so would many of you. But I've only written and published three novellas to date, and there are at least seven or eight or ten more I want to write. We all know how slow I am, and how fast a television show can move. I don't want to repeat what happened with GAME OF THRONES itself, where the show gets ahead of the books. When the day comes that I've finished telling all my tales of Dunk & Egg, then we'll do a tv show about them... but that day is still a long ways off.


    November 2021:


    Steve Conrad (Patriot, Perpetual Grace, LTD) has been tapped as writer and executive producer on the Dunk & Egg prequel series to Game Of Thrones, which has been in the works at HBO


    Angesichts der geänderten Situation zu 2017 ergibt es natürlich Sinn, dass dieses Projekt jetzt angestoßen und hoffentlich zeitnah umgesetzt wird. Der vierte Dunk und Ei-Band ist ja auch schon teilweise geschrieben, und GRRM würde ihn bestimmt schnell zu Ende schreiben können, falls HBO die bereits erschienenen Geschichten wider Erwarten nicht auf jeweils zehn Episoden ausdehnt. Man könnte bestimmt auch 15 oder 20 Episoden aus jeder Geschichte machen, man müsste nur ein bisschen was ausschmücken, aber da wird man sowieso nicht drum rum kommen. Ein oberkörperfreier Dunk allein wird kaum genug sein, um die Erotikquote zu erfüllen, und man müsste auch mehr Action reinbringen, die Bücher sind ja doch eher beschaulich. Falls die Serie die Bücher überholt, hat GRRM meines Wissens schon Notizen für weitere Geschichten, die kann er dann einfach an die Produzenten geben und die setzen das dann um... Schade, dass GRRM nicht gläubig ist, sonst hätte er vielleicht zumindest Angst vor der Hölle.

    weiß nicht, war vielleicht auch nur die eigene subjektive Erfahrung und die Verwunderung das dieses Rausch/legale Drogen immer so hochgehalten wird, ohne das man quasi schon seine Jugend verpasst oder nix erlebt hätte .


    Sicher, ob diese Sichtweise tatsächlich sonderlich rational ist, steht auf einem ganz anderen Blatt, wobei der Club von mir auch ein bisschen beispielhaft verwendet wurde. Habe eben nur persönlich erlebt, dass sich dieses Gefühl bei einigen eingestellt hat, daher der Erklärungsansatz.


    Ich gebe gerne zu, dass die FDP in diesen Wahlkampf eine geschickte Kampagne hatte, aber ist denn diese Partei im Bereich Digitalisierung bereits durch kompetente politische Initiativen aufgefallen? Ich vermute, Digitalisierung bedeutet für die FDP Privatisierung von öffentlichen Eigentum und Abbau von Arbeitsplätzen, die dann als zukunftsweisende Rationalisierungsmaßnahmen verkauft werden. Viele Erst- und Jungwähler werden die Regierungsarbeit der FDP noch nicht kennen. Dieser Hype um eine Partei, die das Lebensgefühl junger Menschen anspricht, sich für Digitalisierung, eine liberale Drogenpolitik und Bürgerrechte einsetzt, erinnert mich ein wenig an die Piratenpartei. Die haben insbesondere in Berlin der Linken eine zeitlang arg zugesetzt, sind dann rasch wieder in Versenkung verschwunden. Da gerade junge Wähler häufig Wechselwähler sind, denke ich, dass die Linke, wenn sie sich wieder etwas geschickter anstellt, da durchaus Stimmen gewinnen kann.


    Ich halte die FDP in weiten Teilen für Schaumschläger, denen aus mir unerfindlichen Gründen ein Haufen Kompetenzen zugeschrieben werden, weil sie im Freien Markt eine Ersatzreligion gefunden haben. Insofern habe ich bei der Partei absolut keine Erwartungen an irgendwas und würde sie tatsächlich nur wählen, wenn ich mich bei vorgehaltener Waffe zwischen ihr und AfD entscheiden müsste. Aber wie du bereits andeutest, kommt es eben nur bedingt auf Inhalte und oftmals mehr auf das transportierte Lebensgefühl an, und da scheint man bei jungen Menschen einen Nerv getroffen zu haben.

    Naja aber doch gerade beim Klimaschutz sind die Parteien Lichtjahre voneiander entfernt.

    Hmm, zum einen sind die Erstwähler natürlich keine homogene Masse, die alle den Klimaschutz an erster Stelle stehen haben, zum anderen denke ich nicht, dass sie ihre Wahlentscheidung im Durchschnitt so wesentlich logischer treffen als andere Altersklassen. Die FDP spricht junge Menschen schon vom Auftreten her an, und wenn man dann ein 19jähriger Abiturient ist, der miterlebt hat, dass die digitale Aufstellung in der Schule katastrophal war, der irgendwas von Faxgeräten in Gesundheitsämtern hört oder der in einem Kaff wohnt, wo es nur auf dem Kirchturm Netz gibt, dann kann dieses Digitalisierungsprofil der FDP durchaus ansprechend sein. Und die FDP stellt sich ja nicht hin und äußert sich grundsätzlich klimawandelskeptisch, die betont halt immer nur den anderen Weg, den sie gehen möchte, nämlich ohne Verbote und wirtschaftsfreundlich. Wenn das gut verpackt ist (Lindner scheint ja auf einige nicht uncharismatisch zu wirken) und man das Thema womöglich sowieso nicht ganz oben hat, spricht an der Stelle halt nicht so viel gegen die FDP. Diejenigen, die das dann tatsächlich auf Herz und Nieren prüfen und für die die Thematik relevanter ist, landen dann womöglich eher bei den Grünen.


    Bei deinem Corona-Argument gehe ich auch nicht wirklich ganz mit, wo sich doch immer wieder gezeigt hat, dass gerade die jüngeren Generationen am meissten Verständnis und Toleranz für die Sache aufbringen konnten.


    Ich muss gestehen, ich habe keine repräsentativen Zahlen vor Augen, ich habe nur familiär und beruflich mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun, und das Verständnis ist in meiner Wahrnehmung doch eher gesunken. Habe dort und auch an Wahlständen einige junge Menschen erlebt, für die die Positionierung einer Partei zu Corona-Maßnahmen wahlentscheidend war (und zwar in dem Sinne, dass sie Konzepte für Lockerungen forderten). Das muss keinesfalls die Mehrheit sein, aber diese Menschen gibt es. Und an der Stelle kann ich mir gut vorstellen, dass es für manche eine Rolle spielte. Da muss ich allerdings in der Tat noch mal schauen, inwiefern sich das statistisch unterfüttern lässt.


    dennoch empfand ich die Pleite gefühlt als auffällig hoch, und der CDU/CSU - Wahlkampf bestand ja quasi ausschliesslich aus links-Bashing, von daher gehe ich nach wie vor davon aus, dass das schon auch eine Rolle gespielt haben könnte.


    Ich kann es mir tatsächlich kaum vorstellen, zumal das ja bei anderen Wahlen nicht anders war. Wenn ich mit dem Gedanken spiele, die Linke zu wählen, bin ich entweder politisch so gefestigt oder so Anti-Establishment, dass ich mir das nicht vom rechten politischen Spektrum ausreden lasse. Und auch wenn es ein paar Hundert oder ein paar Tausend gab, die sich haben beeinflussen lassen, würde das immer noch nicht den Absturz erklären. Das sind andere Probleme, wie auch Dietmar Bartsch gestern zugab.

    Übersehe oder missverstehe ich was?


    Ist glaube ich einfach ein sehr provozierender Vorschlag, den ich mal sacken lassen muss. Gibt ja so Gedanken, die man über längere Zeit hegen muss, bis man zu einem Ergebnis kommt, der Samen ist aber auf jeden Fall gepflanzt. Spontan denke ich, dass ich die Möglichkeit präferieren würde, wenn die Parteien ihre Koalitionswünsche selber ranken könnten. Also die SPD sagt meinetwegen 1. RG 2. Ampel 3. GroKo, die Union sagt 1.Schwarz-Gelb 2. Jamaika 3. GroKo, und das erste machbare Ergebnis mit den höchsten Stimmanteilen gewinnt. Oder so. Gibt da wahrscheinlich ein Dutzend Fallstricke in den verschiedenen Szenarien.


    Ich hoffe der sichtbar gefaltete Zettel war die letzte Laschet-Peinlichkeit, die ich ertragen musste.


    Einerseits hoffe ich, dass die CDU ihn endlich vom Hof jagt (schlechtestes Parteiergebnis aller Zeiten, wesentlich schlechtere Umfragewerte als Kanzlerkandidat, nicht einmal in der Lage, einen Stimmzettel korrekt zu falten, und trotz allem Ansprüche anmelden, fast so peinlich wie Schröder 2005), andererseits befürchte ich ein wenig die Implosion der CDU, die im Falle der Opposition durch einen Richtungsstreit ausgelöst werden könnte. Vor allem die östlichen Landesverbände sind ja dafür anfällig, Richtung AfD zu schielen. Das mag vielleicht weniger für die erste Riege wie Haseloff oder Kretschmer gelten, aber die zweite Riege und die Basis scheinen mir da weniger konsequent. Allein aus taktischen Gründen kann die Bundes-CDU aber nicht zulassen, dass diese Landesverbände zu weit nach rechts rücken, weil die Wahlen eben immer noch weitgehend im Westen entschieden werden, wo es nicht so viel Verständnis für die Höckes dieses Landes gibt. Auch als sozialliberaler Wähler hätte ich gerne eine stabile konservative Partei, die sich nicht selber zerlegt.


    Ich erkläre die SSW (wtf) übrigens bereits jetzt zum Sieger der Herzen.


    <3


    Für mich persönlich noch am ehesten bemerkenswert ist die Tatsache, dass so viele U30 Wähler FDP und Grün gewählt haben, was ja nicht wirklich zusammenpasst.


    Weiß ich nicht, ob das tatsächlich so wenig zusammenpasst. Letzten Endes sind es beides Parteien, die von jungen Menschen als progressiv verstanden werden und Zukunftsthemen auf ihrer Agenda haben (Digitalisierung und Klimaschutz), zumal die FDP sicher auch mit ihrer Kritik an Corona-Maßnahmen punkten konnte. Wenn du als 20jähriger noch nie einen Club von innen gesehen und das Gefühl hast, dir würden die Jahre gestohlen werden, ist die FDP als "Vorkämpferin für Freiheitsrechte" natürlich attraktiv. Die ideologischen Unterschiede zwischen den beiden Parteien dürften glaube ich in jüngeren Jahren noch nicht so arg die Rolle spielen. Wer kümmert sich denn als Erstwähler beispielsweise ernsthaft um das Thema Steuern, zumal es bei beiden Parteien ein großes bürgerliches Klientel gibt, das in dem Alter entweder noch zur Schule geht oder studiert.


    Dass die linken so abschmieren hätte ich auch nicht wirklich gedacht, da scheint die Antillinks-Propaganda der CDU/CSU in den vergangenen Wochen ja doch noch einiges bewirkt zu haben.


    Schmarrn. ;) Habe dir doch neulich ein bisschen zu erklären versucht, was das Problem der Linken ist. Es dürfte kaum jemand nicht links wählen, weil Union und FDP eine Kampagne fahren. Dass dieses Jahr nicht einmal die 5%-Hürde genommen wurde, dürfte an der Polarisierung zwischen Union und SPD gelegen haben, ansonsten wäre sicherlich ein Punkt oder so mehr drin gewesen. Dennoch hat die Linke seit geraumer Zeit ein gewaltiges Problem. Die Partei ist (als PDS) vor allem entstanden als Auffangbecken für die Wähler des Ostens, denen das alles ein bisschen zu schnell ging mit der Wende und die sich dort verstanden fühlten. Im Westen entstand die WASG aus SPDlern, die keine Lust auf Schröders (A)Sozialgesetzgebung hatten (bekanntester Politiker dürfte Lafontaine gewesen sein) und zum Teil äußerst linksdogamatisch bis sozialistisch unterwegs waren. Diese beiden Parteien gingen dann 2007 zusammen zur Linke, aber diese Spaltung zwischen Ost und West blieb relativ deutlich, wie man allein an Wahlergebnissen sehen konnte. Im Osten Volkspartei, im Westen oftmals nicht einmal in den Landesparlamenten vertreten. Jetzt gibt es seit einigen Jahren eine neue Partei im Osten, die die Stimmung viel besser auffängt und der Linken den Rang mal mehr, mal weniger deutlich abgelaufen hat. Im Westen tun sich dagegen viele schwer mit sozialistischen Ideen und dieser Russlandfreundlichkeit. Da stellt sich irgendwann die Frage, an wen sich die Partei eigentlich wenden will. Im Osten sterben die DDR-Nostalgiker aus, diejenigen, die zur Wende jung waren, wählen verstärkt AfD, die jetzt Jungen sind relativ ungebunden (aber auch sehr AfD-affin). Im Westen kann man mit dem Loblied auf die Internationale sowieso nicht so arg viel reißen, und Leute in prekären Lebensverhältnissen sind (sofern sie überhaupt wählen gehen) vielleicht auch nicht immer so verständnisvoll, dass Solidarität nicht an der Staatsgrenze endet. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass es einen Richtungsstreit zwischen Fundis (Lafontaine, Wagenknecht, etc) und "Realos" (Gysi, Ramelow, etc) gibt und man daher weder die Sozialisten noch die Sozialliberalen wirklich anspricht, zumal die Realos vor allem außenpolitisch selber am Rande der Unzurechnungsfähigkeit agieren.


    Mit dem Gesamtergebnis der Wahl bin ich gar nicht einmal so unzufrieden. AfD verliert weiter, FDP gewinnt nur leicht, Laschet wird abgestraft, SPD konsolidiert sich, Grüne gewinnen stark, Linke ist ganz knapp drin. Da kann ich mich an schlimmere Ausgänge erinnern.

    Hmm. Ich sehe keinen großen Unterschied, ob die Parteien vor oder nach der Wahl unrealistische Koalitionswünsche haben. Wenn sie zwingend bei ihren unrealistischen Vorstellungen bleiben wollen, gibt es eben Neuwahlen wie jetzt auch.


    Naja, dein Problem ist doch, dass Parteien sich durch eine fehlende Festlegung einerseits Stimmen holen, die sie bei einer Festlegung nicht bekämen, und der Wähler angesichts seiner eher reduzierten politischen Partizipationsmöglichkeiten zumindest wissen sollte, was konkret er da mit Partei X in die Regierung wählt. Diesen Ansatz finde ich wie gesagt durchaus interessant. Wenn jetzt aber meinetwegen SPD und Grüne RG sondieren und das als Wunschkoalition angeben, und ein solches Bündnis nach der Wahl durchaus als Gewinner gelten kann, es aber eben nicht für die absolute Mehrheit reicht, dann gibt es doch wieder das Problem, dass zwischen Ampel und RRG alles geht. Um das effektiv umzusetzen, müsstest du glaube ich unglaublich viel reglementieren, und an dem Punkt bin ich mir nicht so sicher, ob das den realen Nutzen rechtfertigt. Zumal sich für mich immer ein bisschen die Frage stellt, wie lange man dann letztlich neuwählen lassen sollte, wenn es ein offensichtliches Patt gibt.


    Hat irgendwie auch entfernt mit dem Thema Wählertäuschung bei Koalitionsbildung zu tun, ich bin gestern zufällig auf Youtube auf die Sitzung am 1. Oktober 1982 gestoßen, als die FDP, die 1980 einen Lagerwahlkampf mit der SPD gegen die Union geführt hatte, plötzlich die Seiten wechselte und durch ein sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum Schmidt stürzte und Kohl an die Macht brachte, anstatt Neuwahlen zu unterstützen. Die Sitzung wirkt wie das letzte Auf-Baumen (!) und die endgültige Niederschlagung des sozialliberalen Flügels, der dieses Vorgehen scharf kritisierte. Hätte nie gedacht, dass ich eine über 60jährige Frau einmal so attraktiv finden würde (Looking at you, Hildegard Hamm-Brücher).


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    Die Partei müsste bei mir schon mit der (ebenfalls vor der Wahl verbindlich festgelegten!) Koalition regierungsfähig sein, also keine AfD. Man kann niemanden in eine vollkommen ungewünschte Koalition zwingen und auch eine Minderheitenregierung wäre nicht wünschenswert. Wenn eine Partei sich zu zwei verschiedenen Koalitionen bereiterklären würde, müsste sie aber auch zu denen, die allein die größte Wählermehrheit hinter sich versammelt haben.
    Damit würde man zum einen zu viel Klein/Klein verhindern, das aus meiner Sicht der Entscheidungsfreude keinen Gefallen tut. Und andererseits halte ich das momentan offizielle vollkommene Überraschungspaket im demokratischen Sinn für ungut weil der Wähler eine Katze im Sack kauft. Die CDU könnte die meisten Stimmen holen und RRG Wagenknecht zur Bundeskanzlerin machen. Oder FDP oder CDU im Osten halt doch mit der AfD koalieren. Ich finde es unmöglich, dass ich mich auf ein bloßes Wort verlassen muss, dass das nicht passiert.
    Ich bin sonst kein Freund direkter Demokratie, umso wichtiger ist mir aber, dass man weiß was man im "Parteipaket" bekommt.


    Das klingt einerseits nach vernünftigen und interessanten Ansätzen, andererseits für mich aber auch irgendwie total unpraktikabel, wenn ich an die derzeitige Situation denke. Vielleicht bräuchte ich das mal konkret, wie du dir das für die diesjährige Bundestagswahl vorstellen würdest. Die Union setzt sich für Schwarz-Gelb ein, die SPD für Rot-Grün. Und auch wenn das absolut unrealistisch ist, halten beide Lager diese Wunschkoalitionen aufrecht (und man kann die Parteien ja schlecht dazu zwingen, realistischere Vorschläge zu machen, zumal da ja durchaus Bewegung drin ist und es durch bestimmte Ereignisse plötzlich doch reichen könnte). Was passiert denn dann nach der Wahl, wenn es rechnerisch nicht reicht?

    Wie bei den "Kanzlerkandidaten", die im Grunde auch nicht verbindlich sind, dürfte die Abkehr von gewissen Traditionen zu sehr breitflächigem Unmut in der Bevölkerung führen.


    Finde es vor diesem Hintergrund selber etwas lustig, dass vor allem im linken Lager immer wieder auf diese vermeintliche RRG-Mehrheit von 2013 verwiesen wird. Wenn man nur ein wenig näher hinschaut, hat man einen desolaten Kanzlerkandidaten der SPD, der einer beliebten Bundeskanzlerin mit einem unfassbar starken Unions-Ergebnis gegenübersteht, dann hat man über 10% an Wählerstimmen aus dem rechten Lager, das nicht im Bundestag vertreten ist, eine Bevölkerung, in der meiner Erinnerung nach etwa 25% dieser Koalition zugestimmt hätten, und nicht zuletzt erhebliche inhaltliche Differenzen zwischen RG und der Linken zusammen mit einer hauchdünnen Mehrheit im Parlament. Aber ja, rechnerisch wäre es natürlich möglich gewesen...


    Die Maegwin-Partei würde übrigens auch das endlich rechtlich verankern.


    Meinst du, dass der Kandidat der stärksten Partei rechtlich einen Anspruch auf das Kanzleramt hat? Das würde ich etwas skeptisch sehen, sofern bestimmte Bedingungen gegeben sind, kann auch der Zweitplatzierte eine gute Alternative sein. Dafür sollte er jedoch persönlich beliebt sein, seine Partei ein gutes Ergebnis eingefahren haben und die Koalition genügend Rückhalt in der Bevölkerung besitzen. Wenn ich das so schreibe, denke ich fast, dass diese Faktoren eigentlich sowieso immer berücksichtigt werden, das Nach-Wahl-Geschehen findet ja doch selten im luftleeren Raum statt.


    Wählt die Maegwin-Partei. Sie ist sehr polemisch.


    Klingt absolut vielversprechend...

    Es ist alles falsch.
    Die stärkste Partei erhält den Regierungsauftrag und bildet dann eine Koalition.
    Soweit ich weiß war das nie anders und es gab nie EINE Partei die allein regiert hat.


    Meines Wissens gibt es in Deutschland keinen formalen Regierungsauftrag, der Sieger der Wahl reklamiert den Regierungsauftrag in der Regel eben für sich, was dann zu so absurden Konstellationen wie 2005 kommen kann, als sowohl Schröder als auch Merkel den Sieg beanspruchten. Traditionell obliegt es aber der Partei mit den meisten Prozentpunkten, Sondierungsgespräche zu beginnen, es sei denn, zwei Parteien, die vorher schon eine Koalition angekündigt haben, haben zusammen die absolute Mehrheit erreicht (war glaube ich zum Beispiel in Baden-Württemberg 2011 so mit Grünen und SPD trotz Wahlsieg der CDU und mehrfach in der sozialliberalen Koalition auf Bundesebene). Eine absolute Mehrheit für Adenauer gab es glaube ich mal in den 50ern, aber aus irgendeinem Grund haben die dennoch eine Koalition mit irgendeiner Kleinstpartei gemacht.


    https://i.redd.it/97qdfxg6z0p71.jpg


    Ich verstehe so wenig hier drin und einiges ist schlicht falsch, aber wer genau soll denn bei der Logik sonst regieren, so dass die Stimme des Volkes nicht umgangen wird? Ja, ich weiß wer, aber nach welcher Logik?


    Allein diese Konstituierung eines Volkes, das angeblich mit einer Stimme spricht, ist doch charakteristisch für rechte populistische und radikale Parteien. Weiß nicht genau, von welcher Wahl dieses Schaubild stammt (sieht nach irgendwas aus dem Osten aus) und wer da am Ende koaliert hat, aber allein die Formulierung des Zusammenrottens zeigt doch schon die Verachtung der parlamentarischen Demokratie. Sind halt irgendwelche Spinner, die aus 20% der Wählerstimmen ableiten, dass ihr menschenverachtender Müll umgesetzt werden soll.


    Mein Kopf ist gerade selber am Drehen, insofern kann es auch an mir liegen. Es ging doch darum, dass du dich gefragt hast, warum RG eher mit der FDP als mit der Union in Verbindung gebracht wird, da die thematischen Überschneidungen mit letzterer ja höher seien. Ich denke halt, dass sich die Union im Falle einer Wahlniederlage anfangs sehr zurückhaltend hinsichtlich einer Regierungsbeteiligung positionieren wird. Die/der bayrische Blume hat eine Regierungspartner als Juniorpartner ja bereits abgelehnt. Insofern wäre eine Sondierung der Ampel wohl der erste Schritt. Und Deutschland-Koalition wäre ja unnötig, wenn es rechnerisch für die GroKo reicht. Ergibt das Sinn? Gods be good, I need some wine.

    Laut Wikipedia hat er Jamaika und Deutschland als gleichwertig bezeichnet, aber für die Quelle muss man sich registrieren lassen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/…ionsaussagen_vor_der_Wahl
    https://www.badische-zeitung.d…regierung--203401461.html


    Ich schätze, dass es für eine GroKo rechnerisch reichen wird, von daher wäre es blödsinnig, die FDP mit ins Boot zu nehmen. Und sofern Scholz gewinnt, will ich den Aufschrei hören, der auf Laschets Ankündigung folgt, sich von Jamaika zum Kanzler wählen lassen zu wollen. Diese Frechheit müsste man angesichts des ohnehin desaströsen Wahlergebnisses und Laschets persönlicher Umfragewerte erst einmal besitzen. Gewinnt die Union (wonach es jetzt nicht so wirklich aussieht, was aber auch nicht ausgeschlossen werden kann), sehen die möglichen Konstellationen natürlich wieder anders aus.


    Zitat

    Ich verstehe nicht so wirklich, weshalb sich SPD und Grüne mit der FDP leichter tun sollten als mit der CDU - thematisch meine ich. Zahlenmäßig wäre sie natürlich leichter zu erschlagen.


    Wenn man davon ausgeht, dass es für die GroKo reicht, wäre eine Beteiligung der Grünen halt unnötig denke ich.