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Das Highlight der letzten Wochen waren für mich die Patriots, die (neben dem Nato-Argument) nicht aus Deutschland kommen können, weil die Ukraine sie nicht bedienen kann, aber aus den USA schon. Vielleicht ist die amerikanische Bedienungsanleitung mehrsprachig ausgedruckt, man weiß es nicht. Oder man bildet die Ukrainer einfach auf einer US-Basis in Polen aus, wie die letzten 32423 mal auch schon.
Auch an der polnisch-deutschen Auseinandersetzung hatte Lambrecht ihren Anteil, aber hey, wer zählt schon mit.
Jetzt ist sowieso over. Mit dieser Panzerdebatte hat sich Deutschland endgültig lächerlich gemacht und marginalisiert. Gerade als auch die militärische Unterstützung einen durchaus relevanten Grad erreicht hatte.
Die Marder-Geschichte war schon ein politisches Versagen der Extraklasse. Nachdem im März die "Ausbildung zu lange gedauert hat" und damit eine "Eskalationsschwelle" erreicht wäre, gab es dann den Plan, die modernisierten Marder nach Griechenland zu liefern damit diese sowjetische BMP-1 in die Ukraine schicken. Schon damals gab es den Verdacht, dass die BuReg nur die von Rheinmetall auf eigene Rechnung überholten Schützenpanzer loswerden wollte, damit sie vom Tisch sind. Dafür dann ukrainische Soldaten in BMP-1, die selbst für sowjetische Uraltgerät-Verhältnisse einen besonders schlechten Ruf genießen, an die Front zu schicken, war schon moralisch verwerflich genug. Nun haben die Amerikaner Deutschland anscheinend ordentlich Feuer gemacht und wir liefern doch Marder in die Ukraine - weil weder von den 60 bei Rheinmetall verbliebenen, noch von den über 300 im Bundeswehrbestand befindlichen genug einsatzbereit sind, schicken wir aber jetzt die Marder, die Griechenland bekommen sollte.
WTF??
Wenn ich etwas politisch nicht teile oder moralisch verwerflich finde, ist meine Bewältigungsstratgie ja zunächst immer rationalisieren. Ich möchte aber mal das Rational hinter dieser Geschichte wissen. Ok, offensichtlich denkt Scholz, dass Panzer - Kampf- noch mehr als Schützenpanzer, aber im Endeffekt beide - einen Symbolcharakter haben, mit dem er weder national noch international in Verbindung gebracht wird. Das habe ich zumindest auch im Frühjahr vermutet: Bilder von dt. Panzern, die auf russische Truppen feuern - nicht gewünscht. Abgesehen davon, dass die Marder aber kaum so "ikonisch" sein dürften, muss er aber doch mal länger als bis zur nächsten Forsa-Umfrage gedacht haben. Absolut jeder Analyst, Journalist etc. der damit beschäftigt ist, sagt seit mindestens September, dass früher oder später westliche Panzer geliefert werden müssen - schon aus Gründen der Munitionsversorgung. Nun vermute ich auch, dass nicht nur Scholz sondern viele Regierungen noch bis September, vielleicht darüber hinaus, gedacht haben, dass Putin irgendwann sein Fehlkalkül einsieht und aus unserer Sicht rational handelt und irgendein Abkommen herbeiführt. Wie gesagt, dass ist sicherlich nicht nur eine deutsche oder deutsch-französische Sicht. Aber spätestens die "Teil"mobilmachung und die strategische Luftkriegskampagne seit Surovikin übernommen hat(te) müsste das doch bei jedem beendet haben.
Man sieht das ja auch an den Paketen, die nun im Vorfeld von Ramstein angekündigt wurden - Raketen mit 150 Km Reichweite, Bradley- und Stryker-Schützenpanzer, Polen und Finnen drängen auf Leos, Kanada kündigt 200 APCs an, die Briten legen Kampfpanzer und massiv Artillerie sowie weitere 100 APCs vor, die inzwischen zugesagten Flugabwehrsysteme (3 Patriots, 4 IRIS-T, 8 NASAMS, 2 SAMP/T, dazu kleinere Geräte) legen nahe, dass spätestens zum Frühsommer der Beschuss mit Cruise Missiles keinerlei strategischen Impact mehr haben wird.
Und die Bundesregierung? Hat offenbar nichts vorbereitet, weswegen man nun panisch doch die für Griechenland gedachten Marder abzweigen muss. Man hat das Gerät ja im Gegensatz zu anderen Staaten sogar im Lager stehen, aber hat nichts davon in Auftrag gegeben, von der Munitionsproduktion ganz zu schweigen. Selbst wenn man aus Eigeninteressen verzögern will, was haben die sich denn dabei gedacht?
Vielleicht habe ich Scholz auch überschätzt - immerhin war er in meinen Augen der beste Fachminister, den Deutschland in der Merkelzeit hatte (was er in Hamburg veranstaltet hat, weiß ich nicht). Aber so viel strategische Blindheit und herumgetapse hätte ich nicht für möglich gehalten.