Ich habe mir nun auch die Bücher zur Gemüte geführt ("Der letzte Wunsch" und die Pentalogie, die anderen waren gerade nicht im Laden verfügbar), nachdem sie lange auf meiner Leseliste standen. Die Motivation war vor allem ein dringendes Bedürfnis nach Eskapismus, das sie auch sehr gut gestillt haben. Dass ich durch die Serie mit einigen Namen und Schauplätzen schon vertraut war, hat das Reinkommen auch erleichtert, ohne dass die Serie allzu viele Bilde geprägt hat - z. B. die Elfen oder auch Renfri oder Triss sehen in der Serie ja so anders aus, als sie beschrieben werden - uff. Obwohl sie stilistisch und vom World Building eher so anders sind als ASOIAF, finde ich es ganz lustig, dass die Pentalogie im Grunde recht ähnliche Schwächen hat. Im Einzelnen:
Ich war durch die Serie eher skeptisch, ob mir das World Building so gefällt - das ist für meine Maßstäbe schon irgendwie High High Fantasy und alles ziemlich ironiegetränkt, aber es funktioniert für mich doch ganz gut. Ist halt mal etwas ganz anderes und Sapkowski gelingt es hier m. E. ganz gut, das Motiv "Chaos" durchzuziehen, was dann in Kombination mit dem eigentlich turbo-neoliberalen und mittelalter-untypischen Karrierestreben der Zauberer und einiger anderer Figuren gut interagiert. Viele Figuren, von den Hauptfiguren Geralt und Yennefer bis zu Gestalten wie Calanthe und Foltest sind wirklich gut geschrieben und Geralt als der einsame Pflichtethiker mit seiner "Neutralität" trägt die Bücher und ist letztlich auch der philosophisch oder ethisch interessanteste Teil. Da taucht dann aber auch die erste Schwäche auf: Ciri als Hauptfigur weckt bei mir begrenztes Interesse. Ich finde sie nicht grundsätzlich schlecht, auch wenn sie in der Rattenzeit einiges anstellt, wird am Ende ja doch irgendwie erzählt, dass all die Dinge, die sie sie erlitten hat oder ihr angetan wurden sie am Ende doch nicht ganz brechen konnten. Dennoch, wirklich gepackt hat mich ihre Figur nicht. Praktisch alle anderen Figuren, vllt. mit Ausnahme von Rittersporn, haben mich mehr interessiert. Das ist eine eher schwache Parallele mit ASOIAF, wo die 5 Hauptfiguren des ursprünglichen Plots auch irgendwann nerven und die Zahl der interessanten Nebenfiguren zusammenschrumpfen.
Die Erzählweise fand ich auch interessant, ebenfalls mal eine andere Art des postmodernen Erzählens und man muss den Romanen sicher auch zugute halten, dass bei ihrer Erscheinung diese Spielchen noch nicht so ausgelutscht waren, wie sie es vielleicht heute sind. Dennoch taucht da dann eine stärkere Parallelschwäche mit ASOIAF auf, dem Konzept geht einfach hinten raus die Luft aus. "Der Schwalbenturm" hat mich ziemlich genervt - dazu später noch mehr - aber als dann "Die Dame vom See" mit wieder einer anderen Ebene begann, Condawiramur, war ich wirklich übersättigt. Im anderen Thread "Hexer Lesezirkel" haben einige auch geschrieben, dass vor allem der Name nervt, das finde ich tatsächlich aber weniger schlimm. Bei dem Benennungskonzept ist früher oder später halt sowas dabei, bei mir war es vor allem die "Heeresgruppe Mitte", aber das lässt sich kaum vermeiden. Auch die Artus-Parallelen fand ich hier nicht schlimm, ist nun mal ebenfalls Ergebnis des Konzepts und für mich auch i. O. "Die Dame vom See" fand ich als Titel auch immer noch besser und weniger ausgelutscht als "Das Erbe der Elfen" (auch wenn das vllt. nur Übersetzung ist...?). Dafür nervten mich eher die immer neuen Einführungen von Orten oder Figuren, wie etwa Kovir, dass schon ziemlich spät am Ende plötzlich als heimliche Weltmacht aus er Tasche gezogen wird (weitere kleine Parallele mit ASOIAF).
Einige Szenen fand ich auch wirklich stark, z. B. der Clash auf Thanedd, die Beratungen der nördlichen Könige, die Schlacht von Brenna etc. Auch die Kurzgeschichten fand ich größtenteils toll und in Summe fast noch besser als die Romane, auch wenn sie ohne Romane vllt. recht belanglos wirken könnten und die Kenntnis der Serienadaption sogar eher zusätzliches Interesse geweckt hat. Insgesamt gefielen mir "Der letzte Wunsch" und die ersten 2,5-3 Romane wirklich sehr gut. Dann kommt aber das große Manko und das ist die Hauptparallele mit ASOIAF: "Der Schwalbenturm" ist für mich sowas wie das ADWD der Reihe gewesen, aufgeblasen bis zum Limit, nervig und zäh und zieht auch die zweite Hälfte von der "Feuertaufe" und die erste "Der Dame vom See" in Mitleidenschaft, weil hier ein riesiger Klotz von Ciri in Nilfgaard und Geralts Suche nach ihr rumliegt, von dem vieles einfach nur abstoßend und/oder belanglos ist. Das ärgert mich gleich doppelt, weil ich sicherlich vieles überlesen habe, was man bräuchte um das Ende wirklich entschlüsseln zu können und hier in bester Martin-Manier auch Arcs & Plots aufgemacht werden, die am Ende nicht wirklich gelöst werden. Auch habe ich z. B. überhaupt nicht verstanden, warum man diesen Abschnitt mit dem "Waldopa" in der "Dame" gebraucht hat (ok, Ciris Welt ist halt irgendwie Scheiße, aber dafür hätte man das nicht wirklich gebraucht?) oder was nun mit diesen komischen Erlen-Elfen passiert ist (fand diese Elfenparalleldimension schon in den Artus-Adaptionen von M. Z. Bradley und Hohlbein doof).
Das Ende wiederum fand ich ganz okay, Geralt und Yennefer sind aneinandergebunden und verschwinden in eine andere Sphäre, ob das nun eine Art Jenseits ist oder nicht finde ich dafür schon fast egal, Geralt stirbt in diesem Sinne wegen seines unerschütterlichen Charakters, was die ganze Reihe über ziemlich eindeutig angesagt wird, Ciri rettet oder zerstört nicht die Welt, sondern nutzt ihre Fähigkeiten, um ihr eigenes Schicksal in die Hände zu nehmen, am Ende steht sie als Individuum doch über der Weltgeschichte und wegen eines blöden Zufalls ist sie trotzdem der Tod (die Pest). Es bleibt zwar zu viel offen für meinen Geschmack, aber das führe ich wie gesagt eher auf die Aufgeblasenheit der 2. Hälfte der Romanreihe zurück, da mir dadurch vermutlich zu viel zur Entschlüsselung entgangen ist.