1. Forum
  • Anmelden
  • Registrieren
  • Suche
Alles
  • Alles
  • Artikel
  • Seiten
  • Forum
  • Erweiterte Suche
  1. Eis-und-Feuer Forum
  2. Tolotos

Beiträge von Tolotos

  • Dark Tower - King - SPOILER!

    • Tolotos
    • 15. Juni 2021 um 10:36

    (3 Teil wegen Überlänge)


    Stephen King - The Wind Through the Keyhole
    Das Buch erzählt eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte - und handelt damit natürlich auch wieder vom Storytelling, was schon die ganze 'Dark Tower'-Reihe ausgemacht hat. Roland erzählt seinem Ka-Tet eine Geschichte aus seiner Vergangenheit (kurz nach Mejis) und in dieser Geschichte wiederum erzählt er ein klassisches Midworld-Märchen aus seiner Kindheit. Inhaltlich geht es dabei vor allem darum, sich mit Rolands Beziehung zu seiner Mutter zu beschäftigen - tatsächlich ein Punkt, der in der Hauptreihe etwas offenblieb, obwohl klar war, dass er wichtig ist. Mir hat dieser Teil der Reihe extrem gut gefallen - sowohl mochte ich die wie üblich starke "in the Moment"-Handlung, aber hier überzeugte mich auch der Zusammenhang zu Rolands Vergangenheit (und im Hintergrund die Kommentare etwa zur Rolle der Frau und der verschiedenen Klassen in Midworld). Sehr schön fand ich auch den großen Raum für Spekulation, den die Erzählstruktur bietet - ist das eine Version des Märchens, die Roland persönlich erzählt?

    Spoiler anzeigen

    besonders interessant am Auftreten des Man in Black


    Ist es auch Propaganda für Gunslinger?

    Spoiler anzeigen

    Immerhin nimmt Tim am Ende die Waffe mit; sie wird auch allgemein positiv konnotiert dargestellt

    Oder das Gegenteil bzw zumindest eine moderatere Lektion für werdende Gunslinger, evtl. durch die Linse von Rolands Mutter

    Spoiler anzeigen

    Die Waffe ist nie die Lösung, und im zentralen Konflikt der Geschichte ist genau das der Punkt


    Wie passt die Rolle Gileads in einem klassischen Märchen, dass in Gilead erzählt wird? Ist das etwas, was Rolands Mutter angepasst hat? Hat er esselbst angepasst? Sehr spannend, wenn auch ohne klare Antworten. Wenn ich einen Schwachpunkt ausmachen kann, dann das etwas anti-klimaktische und auch thematisch nicht ganz mit dem Rest zusammenhängende Ende der Skinman-Geschichte (=die mittlere Geschichte, die Roland erzähllt). 4/5
    P.S:Dieses Buch wird manchmal als Buch 4,5 bezeichnet, weil es chronologisch dort einzuordnen ist, aber aus meiner Sicht macht es mehr Sinn, es am Ende der Reihe zu lesen, weil viele kleine Momente dann deutlich besser funktionieren.

  • Dark Tower - King - SPOILER!

    • Tolotos
    • 15. Juni 2021 um 10:35

    (2 Teil wegen Überlänge)
    Stephen King - The Song of Susannah
    Der sechste Band der Dark Tower-Reihe. Ich habe alle Szenen im Buch mit/über

    Spoiler anzeigen

    Stephen King

    geliebt. Mir fehlt daran sowohl die

    Spoiler anzeigen

    Meta-Ebene, als auch der Humor, mit dem King sich selbst behandelt, als auch die Themen (im Moment für mich vor allem übers Schreiben - ein Autor als Schöpfer vs. ein Autor als "Channeler") die damit besprochen werden.

    Der "Arc" der Charaktere Eddie, Susannah und Callahan hat mir auch gut gefallen. Der einzige Teil, mit dem ich nicht wirklich warm wurde, waren die Exposition-Anteile, die über Mia kommuniziert wurden. Das meiste, worum es dort ging, war mir zu generisch und auch zu sehr non sequitur. Für mich ist auch das Ende kein Ende eines eigenständigen Buchs, aber wenn ich eine Serie lese, stört mich das nie besonders. 3,5/5

    Stephen King - The Dark Tower
    Ein Großteil des Buches ist das, was schon die ganze Serie ausmacht: Eine packend beschriebene, fantasievoll erdachte Achterbahnfahrt mit den verschiedensten Einflüßen und gelegentlichem Futter zum Nachdenken, ohnedass man am Ende das Gefühl hat, dass es viel Plot gab. Dann kommt das Ende. Das sehr, sehr gelungen ist, und sowohl verschiedene Themen der ganzen Serie unterfüttert/aufgreift, als auch eine schöne Inwelt-Erklärung hat, die auch wieder mit diesen Themen spielt. Der wunde Punkt des Buches sind hingegen die Antagonisten, mit denen ich entweder nicht warm wurde (M.) oder die für mich rätselhaft und dadurch irgendwie auch eine verschenkte Möglichkeit blieben (Walter, Crimson King).

    Bevor ich noch genauer aufs Ende eingehe, ein paar verstreute Gedanken zur Serie allgemein:
    -Action-Szenen (im weiteren Sinne, d.h. Schießeren genauso wie Schwertkämpfe, Schlachten oder Schlägereien): Eigentlich mag ich diese gerade in Büchern nicht. Bei den Autoren, von denen ich sie trotzdem gerne lese, gibt es dafür gute Gründe: Die Action-Szenen tragen enorm zur Characterentwicklung bzw. Charakterisierung der Figuren bei (Wildbow); sie sind dadurch extrem spannend, dass man wirklich überhauptnicht weiß, wie es ausgeht und einem die Charaktere (am besten auf beiden Seiten) gleichzeitig ans Herz gewachsen sind (George R.R. Martin). Oder, wie ich hier gelernt habe auf eine Art, die sehr typisch für King scheint: Sie sind durchsetzt von Vignetten, teilweise über einen Paragraph; teilweise über mehere Seiten; teilweise belanglos, aber unterhaltsam; teilweise inhaltlich interessant (=zum darüber Nachdenken); teilweise sehr gut geschrieben; teilweise in sehr einfachen Worten, aber gerade dadurch die Situation der Beteiligten gelungen näherbringen - fast immer nicht für den Plot relevant. Das passiert bei King nicht nur in Action-Szenen (und außerhalb dieser kann es sich auch mal über ganze Kapitel ausdehnen), aber in diesem Band ist mir nochmal besonders aufgefallen, dass es auch in diesen passiert, und das es einen großen Anteil daran hat, diese für mich interessant zu machen.
    - King's Art, Dinge genauso anzukündigen, wie sie passieren, ohne viel unklar zu lassen, dass aber so unterhaltsam zu machen, dass gerade dadurch eine besondere Spannung aufgebaut wird, kannte ich auch aus Carrie und war ein Stilmittel, dass mir bisher in dieser Ausprägung (= oft sind Andeutungen anderer Autoren deutlich vager) und Häufigkeit noch nicht aufgefallen ist, aber für mich sehr gut funktioniert. Das Gegenteil davon ist wohl der klassische Plot-Twist: Ich weiß nicht, ob er das in dieser Serie je versucht hat, aber beim Aufbauen des Endes von Wolves of the Calla hatte ich schon den Eindruck, dass das Ziel war. Das ist aus meiner Sicht im wesentlichen gar nicht gelungen.
    - The Dark Tower hat (was man bei einem letzten Band wohl auch erwartet) einige sehr emotionale Momente.

    "Heftiger Spoiler"

    Der Abschied von Susannah, der Tod von Oy, vor allem aber der Tod von und noch mehr die darauffolgende Trauer um Eddie sind mir nahe gegangen. Der Tod von Jake wiederum war zu sehr One-Two-Punch direkt danach, so dass ich dafür glaube ich keine emotionale Kapazität mehr hatte. Der Tod von Pere Callahan hat mich emotional nicht sehr beeinflußt, war aber intellektuell befriedigend, weil ich das Ende seine Arcs (auch als absolut nicht-spirituelle Person) mochte.


    - Durch meinen Begleit-Podcast Kingslingers bin ich bewußt darauf aufmerksam geworden, dass King beim Worldbuilding auf eine Art arbeitet, die etwas an meinem Geschmack vorbeigeht: Er definiert und erzählt oft gerade das, was für die Geschichte nötig ist. Man hat nicht das Gefühl einer ausgedehnten, interessanten Welt "hinter" der Geschichte und hat auch das Gefühl, dass ihn das nicht wirklich interessiert.

    "welche Fragen nicht geklärt werden"

    Von wem stammen die Überreste einer technischen Hochkultur in Rolands Welt? Steckt noch etwas hinter der Auseinandersetzung "Good Man vs. Gilead", außer dass man dessen Fall irgendwie erklären musste und einen netten Hintergrund für Wizard and Glass hat? Was hat es mit dem Crimson King auf sich?

    Mir ist im Gegensatz dazu eine "große" Welt normal lieber.
    - Die vielen Zitate und Erwähnungen anderer Werke (außerhalb seiner eigenen) ist bestimmt auch eine Empfehlung an den Leser, aber immer naufdringlich und neugierig-machend.
    - ein weiterer kleiner Schwachpunkt der Serie ist für mich, dass manche Gefühle etwas zu früh behauptet wird, um sie als Leser schon nachzuempfinden.

    "Drawing of the Three und Wastelands"

    Mein erstes Beispiel dafür war die plötzliche Ehe von Eddie und Susannah, ohne dass ich überhaupt das Gefühl hatte, die Entwicklung einer Beziehung gesehen zu haben (denn gefühlt wurde dort vorher auch öfter etwas behauptet als gezeigt). Ein anderes Beispiel, dass es für mich viel klarer macht: Schon vor dem Erreichen Von Lud denkt Eddie wenn ich mich richtig erinnere sowas wie "Ich fühle mich nicht mehr wie ein New Yorker, sondern wie jemand aus Mid-World". An der Stelle hat er zwar noch Heimweh, aber er tendiert klar in diese Richtung. Das wirkte auf mich mehr behauptet. Jetzt gegen Ende ist Eddie wieder in New York und dort kaufe ich ihm nach allem was er mittlerweile erlebt hat, alles was dazu geschrieben wird, voll ab. Aber eben erst jetzt.

    Noch ein paar Gedanken zum Ende in Spoilern:

    "Diskussion des Endes!"


    Was gibt das Ende thematisch her:
    - explizit genannt (wenn auch etwas aufdringlich): Der Weg ist das Ziel. Natürlich war nie der dunkle Turm an sich wichtig, zumindest für den (oder manchen) Leser. Die Geschichte ist Meta genug, dass das auch in der Welt gültig bleibt. Ich bin auch eher ein Leser, dem das Ende mindestens genauso wichtig ist wie der Weg. Aber wie man schon in der Besprechung einiger alten Bände hier gesehen hat, ist das eine Serie, die einen sehr großen Fokus auf den Weg legt. Daher ist das eine zur Serie passende Botschaft.
    - der dunkle Turm als "die Antwort auf alle Fragen", "den Grund für [...] alles (?)" - eine Sinnbild für das stetige Streben der Menschheit nach Fortschritt, nach Wissen, nach Antworten - vielleicht kann man die allerletzen Fragen nicht sinnvoll beantworten. Vielleicht tauchen auch immer weitere Fragen (oder ein Kreis?) auf. Und vielleicht sollte man nicht alles (insbesondere sein Ka-Tet..) opfern, um seine Antworten zu finden. Das ist nicht wörtlich im Text, aber mit dem Fokus auf die verschiedenen "Opfer" und "Taten" Rolands auf dem Weg zum Turm, mit dem oft angesprochenen Gegensatz Technik/Wissenschaft vs. Magie mit klar positiv dargestellter Magie, mit dem Vergleich Rolands' mit einem Roboter gegenEnde und auch mit der Walter-Erzählung vom "Universium im Atom im Universum im Atom [...]" scheint es eine sehr naheliegende Interpretation. Ich mag normal die Darstellung von Rationalität als derart negativ nicht, und an den entsprechenden Stellen im Buch war ich nicht sicher, wie ich das finden soll, aber zusammen mit dieser Interpretation des Turms regt das durchaus zum Nachdenken an.
    -der dunkle Turm als "Suchtmittel" ist klares Motiv in der ganzen Serie, spielt am Ende nur noch beim finalen Showdown eine Rolle. Dort weiß ich aber noch nicht wirklich, welche/ob eine Aussage in diesem Kontext dahinter steckt.
    - die Präsenz von Robotern an allen Ecken der Serie als Reflektion von Rolands Zielstrebigkeit, Unbeirrbarkeit, dem nicht-Lernen-Wollen (vor allem davon, dass Personen keine bloßen Hilfsmittel für seine Ziele sind). Die Zeitschleife als die Tragik dieses Charakers, der auch bei vielen Lektionen nicht in der Lage scheint, gut genug zu lernen. Aber vielleicht in diesem Durchlauf nahe dran war (sein Ka-Tet wurde zwar größtenteils geopfert, aber er wollte das zumindest nicht (mehr?)), und daher am Ende das Horn und damit die Chance auf einen erfolgreichen Durchgang hat?
    -eine ganze andere Interpretation: Roland lebt in einer Geschichte, in einer fiktiven Welt. Diese Geschichte ist mit dem Erreichen seines titelgebenden Ziels natürlich zu Ende erzählt (das gibt übrigens auch eine interessante Motivation für die Antagonisten, ihn daran zu hindern,den Turm zu erreichen). Die einzige Art, wie es weitergehen kann, ist, dass jemand dieselbe Geschichte wieder von vorne zu lesen anfängt, an der gleichen Stelle, an der sie begann. Das passt zugegeben nicht ganz zu dem Horn, dass Roland in der nächsten Version hat. Vielleicht ist es also nicht unbedingt jemand, der die Geschichte wieder erlebt, sondern sogar jemand, der sie bearbeitet? Der Teil ist mir noch nicht wirklich klar.


    Ein insgesamt sehr guter Abschluss, dem ich wegen der Antagonisten einen leichten Abzug zu 4/5 gebe.

  • Dark Tower - King - SPOILER!

    • Tolotos
    • 15. Juni 2021 um 10:34

    Das Thema hier hatte ich vorher nie gesehen. In einem anderen Forum habe ich über meine Eindrücke zu den anderen Büchern gepostet, ich kopiere es auch mal hier hin, vielleicht interessiert es jemand:

    Nachdem ich mit den Podcasts zu den Parahumans-Wildbow-Webserials (Worm, Ward) fürs erste fertig war, hat mich der nächste Podcast der selben Sprecher Kingslingers (https://www.doofmedia.com/kingslingers/) veranlasst, endlich mal mit dieser Reihe anzufangen. Nach einem kurzen Intermezzo (Pact) und meiner Corona-bedingten Verringerung des Lese-Pensums, bin ich dort jetzt endlich wieder eingstiegen. The Gunslinger ist für mich der schwächste Teil, den ich bisher gelesen habe (3/5). Der Beginn (=1. Satz) ist genial und zieht einen direkt in den Bann, danach habe ich aber eine Zeitlang (etwa bis Jake) gebraucht, um mit dem Buch richtig warm zu werden. Die Geschehnisse in Tull fand ich eher absurd als spannend. Und allgemein habe ich nochmal reflektiert, dass ich in Büchern Dialoge und Interaktion von Charakteren am meisten schätze. Im ca. Anfangs-Drittel kam das hier etwas kurz. Trotzdem hat mich die Welt und die Prämisse/Ausgangslage der Serie dann doch genug überzeugt, um das Buch postitiv zu bewerten. Auch Roland fand ich als Charakter spannend, wenn auch im ersten Band nicht sympathisch. Das Ende war für mich noch zu mytisch-unverständlich, um es gut zu finden. Das kann natürlich im Nachhinein anders aussehen. The Drawing of the Three war ein sehr interessantes Erlebnis: Ich glaube ich habe noch selten eine solche Diskrepanz erwähnt zwischen der nüchternen Beurteilung im Nachhinein, was ich am Plot oder den Themen interessant fand und dem Spaß, den ich beim Lesen hatte. Das liegt einerseits daran, dass King unfassbar gut daran ist, kleine interessante Vignetten zu schreiben: Öfter erlebt man einzelne Mini-Abschnitte aus Sicht von Charakteren, die sonst überhaupt keine Rolle spielen, findet diese Charaktere aber schon in dieser kurzen Zeit sehr interessant und ist daher and die Handlung gefesselt. Andererseits hat es auch damit zu tun,

    "Grober Spoiler zur Handlungs"richtung" ohne genaue Inhalte"

    wie unerwartet zum bisher gelesenen die Ideen sind, die er hier verarbeitet.

    Wenn ich jemand beschreiben müsste, was im Buch passiert ist, dann wohl wirklich nur,

    "Grober Inhalt"

    dass sich die Gruppe für die zukünftigen Abenteuer gefunden hat, ohne das sonst viel passiert ist

    Aber das ist so unterhaltsam geschrieben, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. 4/5. Einziger kleiner Schwachpunkt ist für mich das manchmal etwas zu sehr "vorbestimmte" Verhalten/Können/Denken.

    "Inhalts-Spoiler zum Ende"

    Gerade z.B. dass Eddie und Susannah am Ende verheiratet (oder auch nur zusammen/verliebt/..) hat mehr wie Vorbestimmung als wie Ergebnis von Charakter-Interaktion gewirkt

    Das ist aber gleichzeitig eng mit "Ka" und ähnlichen Begriffen verknüpft - und das ist wiederum ein klarer Pluspunkt der Serie. Gerade die Art, wie King das fiktive Wort "Ka" (und andere fiktive Wörter später) behandelt, ist für mich sehr gut gelungen: Wenn Begriffe in Fantasy-Serien mehr oder minder klare Übersetzungen von Worten sind, die man kennt (Ehre, Schicksal,...), so ist das einfach zu verstehen und zu schreiben, aber nicht mehr als Fluff und nicht sehr tiefgründig. Hier habe ich wirklich den Eindruck (bisher), dass nicht einfach sowas wie "Ka = Schicksal" o.ä gilt, sondern dass es ein verwandter komplexer Begriff mit eigenen Konnotationen ist. Wenn ich Begriffe sehe, denen ich beim Japanisch-Lernen begegne (typisches Beispiel für jemand, der wie ich ziemlich am Anfang steht wäre 気 (ki)), dann gibt es eben nicht immer saubere 1-zu-1-Entsprechungen von Wörtern nicht-verwandter Sprachen.

    Stephen King - The Waste Lands
    Für mich bisher der klar beste Teil der Serie, vor allem der zweite Teil. Der Abschnitt in River Crossing war interessantes Worldbuilding und gleichzeitig über Eddie ein interessanter Kommentar zum entsprechenden Story-Trope. Der Teil in Lud war dann pure Spannung und lies mich kaum los. Der erste Teil des Buches war durch die Idee der

    "Konzept"

    Quasi-Zeitreisen (?)

    sehr frisch und interessant. Gleichzeitg hat man die Charaktere noch deutlich besser kennengelernt und dabei gemerkt, dass King sehr gut daran ist, gute, interessante Charaktere zu schreiben. 4/5
    (Der Spoiler war aus meiner Sicht nach dem dritten Buch):

    "Meine damalige Vermutung zum Hintergrund der ganzen Serie"

    Der einzige Spoiler, den ich zum weiteren Verlauf mal aufgeschnappt habe,
    ist sowas wie "Stephen King kommt selbst vor". Das hat mich dann mittlerweile zum Spekulieren gebracht: Ist die ganze Welt die "Welt der Stories" (von Stephen King? Allgemein?). Das würde zu vielem passen, z.B. dazu dass viele Einflüße und Referenzen aus den verschiedensten Story-Telling-Bereichen unserer realen Welt vorkommen. Wenn der "Dark Tower" eine Art kreatives Zentrum, könnte davon auch ein sehr dystopisches Ereignis ausgehen. Eine solche Wendung würde ich glaube ich Stand jetzt sehr faszinierend finden und würde vielem, was mir noch unklar ist, mehr Sinn verleihen.

    Stephen King - Wizard and Glass
    Der vierte Teil der 'Dark Tower'-Serie besteht grob aus drei Teilen - dem Auflösen des Konfliktes aus dem letzten Buch,

    "Art des Erzählten"

    einem sehr langen Rückblick

    sowie einem noch recht surreal wirkenden Ende. Den ersten Teil fand ich thematisch super, mechanisch bin ich nicht ganz so überzeugt

    "Spoiler zur Auflösung des Konfliktes mit Blaine"

    Dass Eddie auf diese Art die Lösung findet und damit eine Aussage zu Urteilen von außen (Roland's Urteil über Eddie's unsinnige Witze), vielleicht auch über das sinnvolle Bewahren von scheinbar "kindlichem", "unsinnigem" Humor einhergeht, fand ich thematisch top. Dass auf die Art eine so weit entwickelte A.I. wirklich ausgeschaltet werden kann, wirkte auf mich eher unplausibel. Aber mit "Wahnsinn" usw. ist es schon vertretbar.

    Der zweite Teil war ein erneuter Beweis für King's große Erzählkunst: Obwohl (oder gerade weil? Es werden auch im Text oft genug Dinge vorher angedeutet) die Geschehnisse eher vorhersehbar und der Plot bei Betrachtung von außen hier sehr standardisiert ist, hat mich dieser Teil komplett mitgerissen und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Dementsprechend habe ich jetzt auch noch ~20 Stunden Podcast nachzuholen. Das Ende kann ich jetzt noch kaum einordnen, ohne mehr über die Hintergründe zu erfahren. 4/5

    Stephen King - Wolves of the Calla

    Hier tue ich mich mit der Bewertung sehr schwer. Der Großteil der Handlung ist wieder fast Stand-Alone und erneut sehr kompetent umgesetzt - diesmal eine Variante von "Die 7 Samurai". Diese Haupthandlung hat mir wieder sehr gut gefallen. Wie durch "Stand-Alone" angedeutet, hat sie aber gefühlt wenig zur Serienhandlung beigetragen. Gerade das Ende mit

    "Spoiler zum Ende"

    der sehr kurzen Action und großem Fokus auf den negativen Konsequenzen des insgesamt erfolgreichen und sicher gerechtfertigten Widerstands

    hat mir sehr gefallen. Unsicher bin ich, ob King hier einen Twist über die Natur der Wolves schreiben wollte. Wenn ja, ist ihm das deutlich schlechter gelungen als sein normales Vorgehen von überdeutlichem Fore-Shadowing, dass die Spannung erhöht.
    Die Serienhandlung hingegen wird parallel weitergeführt, einerseits in der klaren Vorbereitung des nächsten Bandes - der Teil um Mia enthielt sehr verstörende (und dadurch gute!) Szenen, die Richtung, die Handlung dort für Susannah einschlägt mag ich bisher aber noch nicht. Außerdem wurde mit Father Callahan eine neue (Haupt-?)Figur eingeführt. Leider fand ich dessen Hintergrundgeschichte wie sie hier geschildert wurde nicht sehr interessant. Der grundsätzliche Ansatz, der damit einhergeht und im Epilog jetzt nicht nur Text sondern den Protagonisten bewußt wird, ist allerdings der für mich faszinierendste Teil der Reihe: Das eigentliche Thema der Bücher, was im Wesentlichen Storytelling zu sein scheint. Allerdings erhoffe ich mir dort durchaus noch mehr Aufklärung.

    "Spoiler zu Vermutungen und schon Bekanntem zur Serie"

    Das Ka die Plotline von Geschichten repräsentiert wird mittlerweile recht klar angedeutet und gefällt mir sehr gut. Aber ich hätte dort gerne noch mehr "Erklärungen"/Metaphern zum "Dark Tower", zum Zusammenhang der Welten usw.

    Der reinen Stand-Alone-Geschichte würde ich 4/5 geben, die Hintergrund-Ideen haben das Potential zu einer noch besseren Bewertung, aber meine Probleme mit den anderen Story-Lines ziehen das Buch für mich etwas runter. 3/5

  • Zuletzt gesehener Film

    • Tolotos
    • 26. April 2021 um 23:31

    Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist tatsächlich klasse. Gerade die Tatsache, dass es so gut funktioniert, sowohl an einzelnen Stellen sehr witzig zu sein als auch insgesamt sehr tragisch und zum Nachdenken anzuregen, hat mir sehr gut gefallen.

    Your Name fand ich auch sehr gut, vor allem durch das Spielen mit den Genre-Klischee. Ich bin aber nicht ganz sicher, ob ich mit dem Ende zufrieden bin, weil ich mit der Thematik,

    Spoiler anzeigen

    füreinander bestimmt zu sein

    meine Probleme habe.

    Bzgl. den 5,5/10 für Dark Tower: Ich glaube, da liegt der Diskrepanz mehr an der persönlichen Interpretation der zugrundeliegenden Skala. Mein Gefühl ist dort, dass ich versuche, ein sehr breites Spektrum von Qualität abzubilden. D.h. insbesondere, dass über 90 % der Filme, die ich je gesehen habe, überdurchschnittlich (über 5/10) liegen, damit auch nach unten noch Platz für Filme der Qualität von z.B. Direct-to-DVD-Horrorfilmen oder sowas wie Die Pute von Panem ist. Und irgendwo muss ja auch The Room landen.

    Ob das sinnvoll ist, ist unklar, denn im Endeffekt verschenkt man einen Großteil seiner Skala, da man solche Filme hoffentlich durch Selektion sehr selten sieht. Aber letztlich sind die Zahlen eh so stark von Intuition/Gefühl kommend, dass es glaube ich wenig Sinn macht, sein 'persönliches System' bewußt zu radikal zu ändern.

  • Zuletzt gesehener Film

    • Tolotos
    • 24. April 2021 um 23:06

    Mad Max: Fury Road
    Wow. Ein Film, bei dem fast alles stimmt. Im Zentrum natürlich die clever gefilmten, sehr ideenreichen und packenden Action-Szenen, die fantastische Farbgebung, das überragende Production Design sowie das durch letzteres und durch die Art der Präsentation sehr stark herausgearbeitete Setting. Was dieses Setting betrifft ist mir vor allem aufgefallen, dass das ein Film ist, der die Maxime "Show don't Tell" meistert wie wenig andere. Die Art der Gesellschaft unter Immortan Joe - wer sind die War Boys? was ist ihre Motivation? Wie kontrolliert Joe die Menschen? Was ist ein Ultimate Donor? u.v.m - nichts davon wird uns gesagt. Aber alles ist nicht nur immer so klar, wie es zum Verständnis sein muss, sondern wirft darauf interessante ethische Fragen oder Reflektion über das Setting im Allgemeinen aus, wenn man sich damit beschäftigen will. Weiterhin hat der Film eine erstklassige Struktur, vor allem sichtbar durch die vielen vorbereiteten und geschickt eingelösten Momente - die Munition für die Pistole, die den tollen Bonding-Moment zwischen Max und Furiosa liefert,

    Spoiler anzeigen

    'Witness me', auch der 'Ultimate Donor' selbst und Kleinigkeiten wie das Messer, die Beinverletzung etc.


    Gleichzeitig wirkt nichts davon billig, wenn es vorbereitet wird. Mit genausoviel Liebe zum Detail herausgearbeitet sind die Charaktere (vielleicht mit kleineren Abstrichen bei Max selbst) - damit meine ich nicht nur wichtige Charaktere wie Furiosa oder Nux, sondern z.B. auch dass jeder unter den 'Breeders' eine eigene Persönlichkeit hat und kein Beiwerk bleibt, dass auch ein Charakter wie der ältere Sohn von Immortan Joe eben nicht als ComicRelief verwendet wird, sondern in seinem

    Spoiler anzeigen

    'I had a baby brother' echte Verletzlichkeit zeigt


    Ein im Prinzip perfekter Film, den ich nur wegen meinem persönlichen Geschmack nicht noch höher bewerte - das Genre des Action-Films ist nicht mein Lieblings-Genre und ein perfekter Action-Film ist für mich eben auch 'nur' eine 8,5/10 und keine 10/10.

    Sound of Metal
    Ein Film über den Drummer Ruben, der sein Gehört verliert. Eine Besonderheit ist sicher das exzellente Sound-Design, dass den Zuschauer sehr gut an den verschiedenen Erfahrungen des Protagonisten teilhaben lässt. Der Hauptdarsteller Riz Ahmed spielt sehr gut, Paul Raci ist mir auch positiv aufgefallen.
    Die Geschichte die erzählt wird ist bewegend, und verfällt nicht in Klischees. Gerade die Beziehung von Ruben und seiner Freundin Lou ist hier hervorzuheben.

    Spoiler anzeigen

    In einem schlechteren Film wäre sie wahrscheinlich in seiner Zeit in der Gehörlosen-Kommune mit jemand anderem zusammengekommen. Oder zumindest hätte eine der Seiten mehr "Schuld" am Auseinandergehen. Aber hier wird gezeigt, dass beide nachdrücklich weiter um die Beziehung bemüht sind, es aber trotzdem nicht funktioniert. Und das wird auch nicht rein auf den Schickschals-Schlag reduziert, auch wenn dieser natürlich eine große Rolle spielt.


    Zuerst war ich mir nicht sicher, wie gut mir die Darstellung der Gehörlosen-Community gefällt. Aber mit etwas mehr Reflektion bin ich auch davon sehr überzeugt.

    Spoiler anzeigen

    Auch wenn ich das Anliegen, Gehörlosigkeit nicht blind als Behinderung abzuqualifizieren, verstehen kann und sehr sympathisch finde, gibt es einige Sachen, die ich definitiv als unmenschlisch bezeichnen würde - allen voran der "kein Kontakt zur Außenwelt in irgendeiner Form"-Passus, aber auch, dass man nicht akzeptieren kann, dass andere beim Beurteilen ihrer eigenen Gehörlosigkeit zu einem anderen Schluss kommen. Ich kann sogar noch nachvollziehen, Ruben am Ende nicht mehr (auch nur für eine Zeit) aufzunehmen, weil es negative Gefühle bei anderen auslösen könnte. Aber das ganze Gespräch wird auf eine sehr feindselige Art geführt ('Verrat'), die ich nicht mehr nachvollziehen kann.
    Etwas mehr Reflektion: Ich glaube, dass der Film, dass durchaus hinterfragen will (den etwa in dem Gespräch ist man als Zuschauer natürlich auf der Seite Rubens), ohne aber klar Stellung zu beziehen, weil es eben sehr schwierig und komplex ist. Das Ende bestätigt zwar die prinzipielle Haltung Joe's, aber das macht seine Art des Umgangs mit Ruben's Situation ja noch nicht richtig.
    Und im Endeffekt ist es für mich eigentlich genau dieses Nachdenken und nicht das Präsentieren von klaren Antworten was eine sehr gute Beschäftigung mit einem Thema ausmacht.


    Sehr guter Film. 8/10


    The Dark Tower (enthält leichte Spoiler zum Film)
    Egal ob man den Film als Adaption bewertet (dann ist er eine Voll-Katastrophe), oder als eigenständigen Film (dann ist er einfach nur sehr uninspiriert und belanglos), so einem guten Urteil kann man glaube ich kaum kommen. Es gibt so viele Sachen, die erzählerisch keinen Sinn machen - Warum öffnet man den Film mit dem Devar Toi, wenn das später so wenig Beachtung findet? (insbesondere da der Hauptteil des Showdowns in NY ist?) Warum gibt man Roland eine komplett andere Motivation, um dann überhaupt nichts daraus zu machen (am Ende des Films fallen seine verschiedenen Bedürfnisse so zusammen, dass es nichts interessantes dazu zu sagen gibt)? Warum hat man den Mittelteil in einem Dorf mit belanglosen Charakteren, die keine wirkliche Rolle spielen? Warum zeigt man Roland zuerst in Jake's Traum anstatt diese Szene als seine Motivation später einzuführen? Das sind alles Kritikpunkte völlig unabhängig von der Vorlage.
    Ein zwei gute Aspekte findet man auch - Idris Elba ist top, Matthew McConnaughey ist zumindest in der Küchen-Szene sehr überzeugend bösartig [im allgemeinen ist mir der Charakter etwas zu sehr "casually cruel" angelegt, ohne echte eigene Motivation zu haben, aber gespielt ist im ganzen Film sehr gut] und es gibt die eine oder andere gute Action-Szene (hier denke ich vor allem an den Anfang im Dixie Pig, weniger an die finale Konfrontation).
    Aber wie gesagt, bei einem Film mit einem gleichzeitig so belanglosen, wie auch unrund erzählten Plot rettet das nicht viel. 5,5/10

  • Highlights bei zugänglichen Streaminganbietern (Netflix, Amazon, etc.) für ältere Herrschaften?

    • Tolotos
    • 14. Februar 2021 um 10:52

    Hallo,

    was mir einfällt, wenn ich durch meinen Netflix-Account schaue:

    - A marriage story (Es geht im wesentlichen um eine Scheidung, wirkt realisitisch und gut gespielt. Weiß nicht, ob das Thema schon für "deprimierend" reicht.)
    - Nur die halbe Geschichte (The Half of it) (Sehr sympathische Rom-Con mit der Grund-Idee von "Cyrano de Bergerac" (aber genug eigenem!))
    - Was wir wollten (Österr. Film über ein Paar, das damit kämpft, dass der Kinderwunsch nicht funktioniert - vgl. 1): könnte wegen des Grundthemas zu deprimierend sein)
    - The Two Popes (noch nicht gesehen, klingt aber nach allen Kritiken sehr unverdächtig unter eine deiner Kriterien zu fallen)
    - The Crown (Serie, Biographie der Queen - noch nicht gesehen, aber dito)

    Falls Krimis auch okay sind (weiß nicht, wie streng das "Keine Gewalt" ist), könnten auch passen:
    - Unbelievable (Wahrer Fall von einem Serien-Vergewaltiger und einer Frau, der nicht geglaubt wird)
    - When They See Us (Fall von 5 Jugendlichen, die Anfang der 90er einer Vergewaltigung im Central Parc verdächtigt wurden)
    - The People vs. O.J. Simpson (Aufrollen des Gerichts-Verfahrens wegen Mordes gegen den Footballer O.J. Simpson)
    Die erste Serie hat auch wenige (Erinnerungs-Fetzen)-Szenen aus den Vergewaltigungen, das könnte durchaus als zu brutal empfunden werden. Die anderen, insbesondere letztere denke ich nicht. Alle haben auch einen gesellschaftskritischen/-beleuchtenden Aspekt. EDIT: Die ersten beiden fallen sicherlich auch unter "zu deprimierend", sind also wohl doch nicht so gut geeignet.
    - Murder on the Orient Express (die Neuauflage)
    - vielleicht auch Sherlock?

    Als weiterer Gerichtsfilm "The Trial of the Chicago 7" (über Proteste gegen den Vietnam-Krieg), der aber durchaus auch Auszüge aus den Protesten und darin eben Gewalt zeigt.

    Etwas ältere Filme, die auf die Beschreibung zu passen scheinen:
    - The Truman Show (evtl. zu viel Sci-Fi?)
    - Intouchables (Ziemlich beste Freunde)
    - The Theory of Everything
    - Life of Pi
    - The Remains of the Day (Was vom Tage übrigbleibt)

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 11. November 2020 um 00:29

    Wildbow (John McCrae) - Pact
    Wildbow's zweite Web-Serie, diesmal angesiedelt im Modern-Supernatural-Genre: Eine moderne Welt mit Magie + den verschiedensten Fabelwesen. Die Geschichte hat ihren Ausgangspunkt im Erbe des Protagonisten, dessen Großmutter eine einflußreiche Magie-Praktizierende (practitioner) war. Zunächst mal sticht erneut das Worldbuilding deutlich positiv heraus. Ein Magie-System, das in den Grundzügen nicht revolutionär, aber sehr gut wirkt und durch die Ausarbeitung dann genial wird.

    Mini-Spoiler, nur zum Magie-System, aber man weiß es eben nicht von Beginn:

    Spoiler anzeigen

    Einerseits gibt es die Spirits, die fast allem (Objekten + Lebewesen) innwohnen und durch deren Manipulation die meiste Magie gewirkt wird. Dabei wirken sie als Beurteiler, Beobachter, Publikum des Verhaltens der Magie-Wirkenden (allerdings eher instinkt- als intellektgesteuert) und damit natürlich auch als Leser-Insert. Entsprechend wird fleißig mit Genre-Tropes und deren in-World-sinnvollem Einsatz gespielt.

    Fast noch interessanter finde ich den Aspekt, dass Lügen für Magie-Wirkende gefährlich sind, da man dadurch leicht den Unmut dieser Spirits auf sich zieht. Das sorgt für viele spannende zwischen-den-Zeilen-zu-lesende Dialoge, Doppeldeutigkeiten und Interpretation jeder Zeile.

    Dabei bleiben die "Regeln" des Systems vage und soft genug, um mehr wie Magie als ein abstraktes Regelwerk zu wirken, aber definiert genug, um nicht wilkürlich zu werden. Dazu stecken wieder unfassbar viele Ideen, clevere Dialoge und einige sehr stark ausgearbeitete, einzigartige Charaktere darin, und natürlich auch wieder allgemeinere größere Themen, die im Vorbeigehen behandelt werden (hier vor allem gesellschaftlich, zum "Kreislauf der Generationen" a la "je älter, desto eher passt man sich dem bestehenden System an"). Zudem kann Wildbow Horror sehr gut schreiben (was man schon durch die Slaugherhouse Nine aus Worm wusste) und das bietet sich in diesem Genre natürlich an.

    Die Pacing-Probleme, die manche Leser hatten, kann ich nicht nachvollziehen, gerade weil der "Scope" der Handlung diesmal überschaubar bleibt.

    Nicht ganz sicher bin ich noch, ob ich mit dem Ende wirklich zufrieden bin. Es ist jedenfalls nicht so perfekt eine Krone auf allem Behandelten setzend, wie noch in Worm. Für mich war es beim ersten letzten leider eine leichte Enttäuschung.

    Trotzdem klare Empfehlung. 5/5

    Sarah Burns - The Central Parc Five - A Chronicle of a City Wilding

    Fand die Netflix-Miniserie (um fünf Jugendliche, den in einem unfassbar rassitischen und ungerechten Vorgang (von der Verhaftung bis zum Prozess) nach erzwungenen aber absurden Geständnissen eine skandalöse Strafe für die Vergewaltigung einer Joggerin, an der sie offensichtlich nicht beteiligt waren, erhielten) bewegend und wollte mehr über die Hintergründe erfahren. Habe das Buch leider vor einigen Monaten gelesen und kann meinen Eindruck nicht mehr klar genug von der Serie trennen. Fand es aber glaube ich durchschnittlich, wie auch mein goodreads sagt:
    3/5

    Karsten Dusse - Achtsam morden

    Thriller-Groteske um einen Anwalt, der durchs Achtsamkeits-Training vieles weniger ernst nimmt und dadurch irgendwann aus Versehen einen Mord gegeht. Ganz witziger Schreibstil, unterhaltsamer Plot (wenn auch manchmal sogar innerhalb des Genres etwas unglaubwürdig; Stichwort Sitzung im Kindergarten). Ich glaube nicht, dass auch eine Aussage zur Achtsamkeit dahintersteckt. Aber liest sich ganz gut weg. Solide Unterhaltung. 3/5

    Ian Banks - The Player of Games

    Mein erstes Culture-Buch. Es geht um eine hochentwickelte Post-Scarcity-Gesellschaft und einen Protagonisten darin, der sein Können im Spielen (von allen möglichen Brettspiel-Äquivalenten der Zukunft) in einem ernsten Kontext wird einsetzen müssen. Das Setting ist absolut genial und ich weiß jetzt schon, dass ich dort bald weiterlesen werde. Die Konzeption der Culture als sehr konsequent gedachte Beinahe-Utopie (zumindest nach bisherigem Wissen) ist faszinierend. Die erste Hälfte des Buchs, die nur innerhalb der Culture spielt, in der aber sehr wenig passiert, hat mich schon in ihren Bann gezogen. Danach ist das Buch für mich etwas abgefallen. Ich bin emotional mit dem Hauptcharacter nie ganz warm geworden, verstehe aber gut, wieso er so angelegt ist. Ich mag auch den Vergleich zwischen Culture und Empire, der einem insgesamt durch das Buch nahegelegt wird, der natürlich eindeutig ausgeht, aber je nachdem wieviel man nachdenkt und welche moralischen Werte man hat, möglicherweise näher an "Demokratie ist das am wenigsten schlimme Übel" als an "Utopie vs. Dystopie" ist. Die Action-Anteile (mit dem Botschafter) mochte ich gar nicht, aber sie gehören wohl an diese Stelle. Banks' Schreibstil war für mich eher "einfach da" und ist in keine Richtung aufgefallen. Der Plot ist auch nichts besonderes oder mitreißend. Aber allein wegen der Ideen/Themen/dem Wordbuilding sollte man das Buch gelesen haben. 4/5

    Tana French - Broken Harbour
    Das alte Muster war wieder da, ich kann gut auf meine vorherigen Kritiken verweisen: Superspannendes Buch, absolut mitreißend und auch ein einzig-artiger, toller Schreibstil. Interessanter Hauptcharakter, der gekonnt charakterisiert wird, aber ein Ende das sowohl beim Kriminalfall als auch beim Protagonist eher "Naja, okay" als super ist. Ist in diesem Genre für mich leider durchaus ein wichtiger Aspekt. Liest man ihre Bücher mehr als Charakterstudie denn als Krimi, kann man darüber vermutlich besser hinwegsehen. Für mich 3/5

    Cure Dolly - Unlocking Japanese

    Das Buch ist nur einer kleiner Ausschnitt der entsprechenden Youtube-Videos zum Lernen der japanischen Sprache (deren Präsentation ist furchtbar, aber mit Untertiteln + Ton aus + doppelter Geschwindigkeit kommt man gut klar). Die Inhalte sind das beste, was ich zum Lernen von japanisch gefunden habe, habe einiges probiert. Das Buch ist sehr kurz, bietet also nur einen kleinen Ausschnitt davon. 4/5

  • Seltsame Träume

    • Tolotos
    • 23. September 2020 um 08:28
    Zitat von Cethleann

    Nur mal so ne Frage, um zu sehen ob ich solche Träume als bestätigendes Zeichen sehen kann. Hat einer von euch Cis-Leuten Träume, in denen er nicht sein bei Geburt zugewiesenes Geschlecht war?

    (Als Cis-Mann): Meine Identität ist im Traum oft so vage, dass das für mich sehr schwer zu beantworten ist. Meistens bin ich im Traum mein mehr oder minder reales selbst, aber manchmal wechselt z.B. schlagartig der Viewpoint und am nächsten Morgen wenn ich mich erinnere habe ich dann ein Gefühl zwischen "ich war jetzt diese andere Person" und "ich habe das mehr aus einer 3rd-Party-Perspective gesehen", mal mehr, mal weniger ausgeprägt in eine Richtung, manchmal auch recht deutlich das erste. Und in dem Fall kann es auch passieren, dass diese andere Person eine Frau ist, allerdings fast immer eine reale oder mir zumindest aus Medien sehr gut bekannte.

    Aber der Fokus liegt dann gefühlt nicht darauf, dass "ich diese Person" bin, sondern eher, dass ich "das Geschehen dort wahrnehmen" kann, daher diese Unsischerheit zur 3rd-Party-Perspective.

    An einen Traum, in dem ich im ganzen Traum eine Frau war und/oder diese Tatsache im Fokus stand erinnere ich mich zumindest nicht.

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 14. Dezember 2019 um 16:42

    Sergej Lukianenko - Wächter der Nacht / Day Watch / Twilight Watch
    Eine Urban Fantasy-Trilogie, die in Russland spielt und vor allem durch gutes Worldbuilidng spannend ist: Es gibt sogenannte "Andere", d.h. Menschen mit besonderen Fähigkeiten, etwa Magier, Hexen, Werwölfe etc., die sich in "Dunkle" und "Lichte" unterscheiden, in den sogenannten "Wachen" organisiert sind und durch einen Vertrag zwischen diesen beiden Seiten sehr genau und bürokratisch wissen, auf welche Art sie durch Magie in den Ablauf der Dinge eingreifen können und auf welche nicht. Gleichzeitig versuchen aber zumindest die Anführer der jeweiligen Wachen (in Moskau) soviel und so subtil wie möglich gegeneinander und viele andere zu intrigreren und langfristige Pläne umzusetzen.
    Eingeteilt ist jedes der drei Bücher, die ich bisher gelesen habe in drei Kapitel, die sich insbesonderen in ersten beiden Büchern eher wie Kurzgeschichten mit losem Zusammenhang lesen. Am Ende spielt doch vieles von dem, was vorher passiert ist eine Rolle, aber trotzdem hatte ich nur im letzten Buch und auch nur für sich genommen, das Gefühl eine zusammenhängende Geschichte zu erleben, was auch einer meiner Kritikpunkte ist.
    Gut gefallen haben mir wie erwähnt das Worldbuilding, der Schreibstil und einige der Idee, die angeschnitten werden, vor allem zur Sinnhaftigkeit einer "Gut"/"Böse"-Einteilung. Außerdem mochte ich das Ende der einzelnen Kapitel, das oft zumindest leicht überraschend war, aber durchaus Sinn machte.
    Nicht so gut gefallen haben mir einerseits die Nebencharaktere, die größtenteils etwas farblos bleiben, und andererseits die Tatsache, dass die vorkommende Magie scheinbar recht beliebige Grenzen hat. Das ist für sich genommen schon etwas, was ich nicht mag, und hier dadurch besonders problematisch, dass einzelne Charaktere derart absurd mächtig sind, dass man manchmal das Gefühl hat, dass kaum jemand überhaupt Handlungsoptionen hat, sondern jeder nur Spielball der Mächtigeren ist. Das ist natürlich Teil der Aussage der Bücher, aber es führt eben dazu, dass man in den Geschichten selbst zumindest stellenweise nicht so gut mitfiebern kann, weil man die Handelnden als zu wenig selbstbestimmt wahrnimmt. Insgesamt war die Trilogie durch diese Faktoren eine Enttäuschung für mich, ich habe mir aber auch sehr viel erwartet, da ich Spektrum vom selben Autor sehr gerne mochte. 3/5

    Michael Conolly - The Lincoln Lawyer
    Justizthriller über einen Strafverteidiger in den USA, der in einen "franchise client" gegen Vorwürfe von versuchter Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung (oder so, ist schwer Straftatbestände zu übersetzen) verteidigt (d.h. einen, der ihm für die nächsten Jahre ein ordentliches Einkommen bescheren könnte). Spannend erzählt, interessant, dass auch die kleineren Fälle des Protagonisten in der Erzählung vorkommen und später auch eine Rolle spielen, etwas unglaubwürdiges Ende, allgemein nicht zu aufregende Auflösung sondern solide Durchschnittskost. Gerade die entscheidende Szene vor Gericht

    Spoiler anzeigen

    Kreuzverhör des Opfers, um diese unglaubwürdig/unsympathisch zu machen


    hatte auf mich auch längst nicht die Wirkung, die laut Erzählung auf die Geschworenen hatte. Ob das jetzt an mir oder am Buch liegt, ist natürlich schwer einzuordnen - ich habe es als etwas unglaubwürdig wahrgenommen, weiß aber nicht, ob ich Menschen an sich (= die Geschworenen) überschätze. 3/5

    Manuela Wedel - Wo brennt's denn?: Vom Großbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo. Die unglaublichsten Einsätze einer Feuerwehrfrau
    Leider sind die beschriebenen Anekdoten etwas belanglos. Als Einblick darin, wie der Alltag bei der Feuerwehr ist aber ganz nett... Trotzdem nichts interessant genug, um es wirklich weiterzuempfehlen. 2/5

    Tana French - The Likeness
    Jetzt habe ich leider die Befürchtung, dass sich ein Muster in meiner Beurteilung ihrer Romane aufbaut: Wieder sehr gut geschrieben, absolut mitreißend, dann aber mit einem Ende, dass mich kaum überzeugt hat. Immerhin kam ich diesmal mit der Protagonistin und Ermittlerin bis zum Ende viel besser klar - sie macht zwar auch Fehler und trifft fragwürdige Entscheidungen, aber man kann viel besser nachvollziehen, warum sie das macht. Was mich hier am Ende störte, war eher die Auflösung des eigentlichen Falles, die nicht sehr aufregend war und damit auch nicht wirklich zu den unheilvollen Andeutungen vorher im Text (die Geschichte wird nach den Vorkommnissen erzählt, also Andeutungen a la "wenn ich dort schon gewusst hätte, dass..") passt. Also rein wörtlich schon - all diese Andeutungen passen inhaltlich durchaus zum Ende (soweit ich mich an sie erinnere). Aber die Stimmung, die durch diese erzeugt wird, passt für micht nicht zur Auflösung. Viel negatives, aber dadurch, dass ich einen Großteil des Buches mit viel Spaß gelesen habe, werde ich der Reihe wohl noch ein, zwei Chancen geben. 3/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 16. November 2019 um 11:13

    Peter Watts - Echopraxia
    Echopraxia spielt in der Welt von Blindsight und ist im Prinzip eine Parallelerzählung. Wie schon in Blindsight gibt es einige fantastische und ungewöhnliche Ideen und Denkanstöße.

    Spoiler anzeigen

    Etwa: Die Rolle von Gott als Prozess oder Person oder Virus (!) oder auch die prinzipielle Idee, dass man eine Denkrichtung (hier: Wissenschaft + irgendeine Form von Spiritualität durch die Bicamerals) an den Ergebnissen und nicht unbedingt an den Erklärungen messen sollte.


    Leider sind für mich die zentralen Ideen, die verarbeitet werden (alles was mit Religion zu tun hat) deutlich weniger interessant und gleichzeitig finde ich auch das, was dazu gesagt wird größtenteils weniger überzeugend und auch weniger zusammenhängend als noch in Blindsight. Zusätzlich fand ich das stattfindende 3D-Schach zwischen den superintelligenten Lebensformen hier teilweise eine Spur zu extrem, wobei das vermutlich Absicht ist (einerseits soll man die Motivationen nicht 100-Prozent verstehen können, eben weil wir nicht auf dem entsprechenden Level mitdenken können und gleichzeitig soll glaube ich ein Punkt zu Determinismus gemacht werden).
    Weiter fand ich den Hauptcharakter sehr farblos

    Spoiler anzeigen

    wenn man das Ende miteinbezieht ist das nur folgerichtig und im Nachhinein kann ich das anerkennen, aber es hat eben trotzdem meinen Spaß beim Lesen des Buches beeinflußt


    und fand, dass etwas viele Action-Szenen vorkamen. Der Haupt-Handlungsstrang, der vor allem in der zweiten Buchhälfte stattfindet

    Spoiler anzeigen

    ab Ankunft auf Icarus


    ist sehr interessant, aber für mein Gefühl hätte man sich vorher manche Sequenzen sparen können. Außerdem ist es nicht gerade einfach, zu verstehen, was wirklich passiert. Das kann man durchaus als Vorteil oder Nachteil sehen, je nachdem wieviel man bereit ist darüber nachzudenken. Wenn man Blindsight gerne mochte, wird man dazu vermutlich sehr bereit sein.
    Klingt jetzt alles recht negativ, aber das Buch hat durchaus immer noch viele der Stärken von Blindsight, vor allem das hervorragende Worldbuilding oder aber wie oben beschrieben das beiläufige Einbringen einger faszinierender Ideen oder Thesen. Ich fand es aber leider aufgrund der aufgezählten Schwächen ein gutes Stück schlechter. 3/5

    Seanan McGuire - Middlegame
    Ein Buch aus dem UrbanFantasy-Bereich mit den beiden zentralen Hauptcharakteren Roger und Dodger, die einerseits Sprache und andererseits das, was die Autorin sich unter Mathematik vorstellt, verkörpern (Ich würde es eher "Zahlen" als "Mathematik" nennen). Die positiven Dinge zuerst: Der Schreibstil ist sehr schön. Die beiden Protagonisten (und ein dritter Charakter später im Buch) und vor allem ihre Beziehung zueinander sind sehr gut gezeichner und es macht Spaß darüber zu lesen. Es gibt eine sehr interessante Idee zum Thema

    Spoiler anzeigen

    Zeitreisen/Konzept von Zeit.


    Leider konnte mich das Buch trotzdem nicht überzeugen: Der Fantasy-Teil des Worldbuildings ist meiner Ansicht nach völlig absurd und lebt davon, wahllos irgendwelche Buzzwords zu verwenden, die man einfach akzeptieren muss. Bis zum Ende versteht man nicht, was den jetzt genau zu den Fähigkeiten der Protagonisten oder von irgendjemand anderem gehört.
    Dazu passend auch, dass die Autorin offenkundig keine Ahnung von Mathematik hat, was ungünstig ist, wenn einer der Protagonisten die "Verkörperung von Mathematik" sein soll. Witzigster und aussagekräftigster Punkt um das zu illustrieren an der Stelle, als ein Nebencharakter Roger beschreibt (in einem GradSchool-Setting!):

    Zitat

    He's clearly not a mathematician: he doesn't have any of the visible characteristics, the calculators, the geeky T-shirts with their math puns.


    Wer sich vorstellt, dass Mathematiker auf universitärem Level Taschenrechner benutzen geschweige denn ständig einen bei sich haben, der hat sehr wenig verstanden. Aber klar, wenn man "Mathematik" und "Rechnen/Beschäftigung mit Zahlen" verwechselt, macht das schon Sinn. Und diese Verwechslung zieht sich dann eben durch den Rest des Buches.
    Die Antagonisten sind zwar in ihrer Bösartigkeit irgendwie fasznierend (auf dem Level eines absurd überhöhten Comic-Bösewichts), bleiben aber ansonsten absolut charakterlos und ihre Pläne wirr und unverständlich (auch weil man das Setting und was durch Alchemie möglich ist, einfach nicht versteht). Der Plot, vor allem das Ende ist uninteressant und macht viel zu wenig aus dem großen Potential der oben angedeuteten

    Spoiler anzeigen

    Idee von Zeitreisen bzw. Einfluß auf die Vergangenheit, die "resettet".


    Kann ich leider nicht empfehlen. 2/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 1. November 2019 um 22:28

    Tana French - In the Woods
    Ein Krimi, der in Irland spielt, der erste Teil der "Dublin Murder Squad"-Reihe. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und auch die Charaktere fand ich zumindest zu Beginn sehr überzeugend, vor allem Cassie. Durch diese beiden Punkte (nicht so sehr durch den Inhalt, d.h. den aktuellen Fall, der gut, aber nicht außergewöhnlich ist) war das Buch ein absoluter Pageturner für mich. Etwa nach der Hälfte war ich daher sehr überzeugt, dass ich das Buch sehr gut bewerten würde.
    Leider gab es aber später Punkte, die ich nur okay bis sogar schlecht fand (massive Spoiler):

    Spoiler anzeigen

    Die Auflösung des Hauptfalles war okay, aber nichts besonderes und vor allem nicht sehr überraschend in ihren Grundzügen (in den Details sicherlich schon!). Die Darstellung der Ermittlung und wie sie sich entwickelt hat, hat mich mehr überzeugt als die Auflösung. Dass die Hintergrundgeschichte nicht aufgelöst wurde, hat mich nicht besonders gestört, das hat eher zum Realismus beigetragen. Ich kann aber auch verstehen, dass das für andere eine große Enttäuschung war, denn dramatisch ist das natürlich eine gewagte Entscheidung. Was mich aber gegen Ende besonders gestört hat war der Hauptcharakter. Spätestens nachdem man er mit Cassie geschlafen hat, merkt man, dass er ein ziemliches Arschloch ist (man hätte das vorher schon erahnen können) und während mir klar ist, dass er bewußt unsympathisch gezeichnet wird (das wird recht explizit im Text erwähnt), hat das meinen Ärger ihm gegenüber nicht besser gemacht und die Freude am Buch durchaus verleidet. Hätte ich einen besonderen Sinn in diesem unsympathischen (und auch unzuverlässigen, aber das war nicht so sehr mein Problem) Erzähler gesehen, so hätte ich mich vielleicht auch geärgert, aber hinterher nach Reflektion darüber das Buch durchaus wertgeschätzt. Den gab es für mich aber nicht wirklich - wenn es da jemand besser erging: Bitte erleuchten. Ich meine, dass er in der Ermittlung viele Fehler macht wegen seinem Trauma und Sachen falsch einschätzt wegen falscher oder verschwommener Erinnerungen - das fand ich durchaus interessant und hat auch einen Sinn. Aber wie er sich den anderen Charakteren gegenüber verhält (Rosalind [er wusste ja dort noch nicht, wie sie wirklich war], Cassie, mit Abstrichen auch einzelnen Verdächtigen und seiner Mitbewohnerin gegenüber, wobei letztere selbst nervig genug gezeichnet wird, dass man es dort nich besonders schlimm findet), war für mich ohne tiefere Bedeutung nervig... (okay, er ist "fucked up" durch sein Trauma, wird nachher eingeschoben - für mich nicht sehr überzeugend)


    Daher bleibe ich dann bei 3/5, werde die Reihe aber sicher weiterlesen, vor allem nachdem ich gelesen habe, dass und wie sich in Buch 2 der Fokus verschiebt.

    Agatha Christie - Five Little Pigs
    Ein Krimi, in dem Poirot in einem 16 Jahre alten scheinbar absolut klaren Mordfall ermittelt. Er nimmt Kontakt zu den damals beteiligten auf, rekapituliert mit ihnen ihre Erinnerungen an die Geschehnisse und löst natürlich am Ende den Fall. Das Konzept finde ich eigentlich interessant, aber während immer wieder Lippenbekenntnisse daran gemacht werden, dass die Erinnerung nach so langer Zeit trügerisch ist, war für mich extrem unglaubwürdig, wie detailliert die Erinnerungen teilweise waren - ich denke, dass man sich nach so langer Zeit nicht nur falsch sondern auch an viel, viel weniger erinnert. Kann man darüber hinwegsehen (fällt mir bei Agatha Christie nie so schwer, weil ich die Fälle fast eher als Puzzle, denn als realistische Geschichte lese), so ist es aber ein schöner Fall mit einem guten Ende.

    Spoiler anzeigen

    Und ja, ich bin auf den (zu) offensichtlichen Red Herring reingefallen. Zumindest bis er aufgelöst wurde, dann war klar, dass noch was kommen muss.


    3/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 24. Oktober 2019 um 21:50

    Agatha Christie - Evil Under the Sun
    Ein Buch, dass ich vor einiger Zeit vermutlich noch anders bewertet hätte. Die Auflösung wie der Mord begangen wurde ist ziemlich interessant und überraschend. Vieles andere, insbesondere die psychologische Charakterisierung der meisten Charaktere

    Spoiler anzeigen

    (z.B. Reverend Lane, aber auch die Redferns)


    aber auch

    Spoiler anzeigen

    der Nebenstrang um Linda


    haben mir dafür leider nicht so gefallen. Auch wenn ich bei solchen Sachen (wahrscheinlich vor allem aus nostalgischen Gründen) bei Agatha Christie großzügiger bin als sonst, hat es mich hier leider schon gestört. 3/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 20. Oktober 2019 um 15:25

    Habe hier schon lange nicht mehr reingeschrieben. Das liegt einerseits daran, dass ich in den letzten Monaten wirklich weniger gelesen habe (Abgabe- und Bewerbungsstress), aber vor allem daran, dass das, was ich gelesen habe sich größtenteils auf ein Werk verteilt hat:

    Wildbow - Ward Arcs 5 -16 (momentaner Stand 16.6)
    Die Webserie Ward ist die Fortsetzung von Worm und nachdem ich nach den ersten Arcs schon sehr überzeugt war bin ich es jetzt umso mehr. Was sich im Vergleich zu Worm vor allem verbessert hat ist das Pacing - man hat etwas mehr Luft/Entspannung (gibt es ein gutes deutsches Wort für "relief of tension"?). Was außerdem meinem persönlichen Geschmack mehr entgegenkommt ist, dass der Fokus noch etwas mehr weg von Actionszenen gesetzt wird. Schon in Worm lag das Interesse deutlich mehr auf den Charakteren (inkl. den erstklassigen Dialogen) und den Themen als auf der Action (die in einem Werk aus dem Superhelden-Genre natürlich dennoch vorkommt und hervorragend ist), in Ward trifft das aber meine Vorlieben noch etwas besser.
    Ganz allgemein brilliert die Webserie weiter mit herausragenden, wirklich einzigartigen und nachvollziehbaren Charakteren, einem tollen Worldbuilding und der nuancierten (einfache Lösungen gibt es hier nicht) und dadurch realistischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen - eines der wichtigsten ist sicherlich die Erholung von Traumata (auf den verschiedensten Ebenen: für eine Gesellschaft, ein Individuum, aus Täter- und Opfersicht, den Zusammenhang zu Versöhnung, Vergebung usw.). Wie aus Worm gewohnt, wird einem das aber nicht aufgedrängt, sondern es wird einfach im Vorbeigehen einer extrem spannenden Geschichte behandelt.
    Ich bin von wildbow's Serien weiter begeistert, werde bei Ward bald auf dem aktuellen Stand sein und irgendwann sicher auch Pact und Twig lesen. 5/5.

    Außerdem habe ich in der Zeit ein paar Sachbücher und einen Krimi von Agatha Christie gelesen:

    Martin Sonneborn - Herr Sonneborn geht nach Brüssel - Abenteuer im Europaparlament
    Martin Sonneborn von der PARTEI erzählt in diesem Buch viele Anekdoten über Abläufe und Beobachtetes in seiner Zeit im Europaparlament von 2014 bis 2018. Mit der Bewertung dieses Buchs tue ich mich sehr schwer: Einerseits fand ich den Inhalt sehr informativ und habe dadurch auch meine Meinung zur Arbeit der PARTEI geändert (dadurch, dass Sonneborn bei Wahlen sein prinzipiell abwechselndes Ja-Nein später bei den Abstimmungen in denen er mitentscheiden könnte angepasst hat, hat er schon Kredit zurückgenommen und da er auf Dinge aufmerksam macht (z.B. Goldverkauf der AFD oder eben viele Klüngeleien und seltsame Vorgänge im Europaparlament) hat seine Arbeit für mich durchaus einen Wert und die Partei ist dadurch mit "Spaßpartei" nicht sinnvoll beschrieben). Andererseits finde ich seinen Humor nicht wirklich lustig und fand ihn manchmal sogar hinderlich: Am Anfang habe ich mich durchaus öfter gefragt "Ist das jetzt eine Überspitzung, um einen Witz zu machen oder soll ich das wirklich genauso wörtlich nehmen?". Ich hätte das Buch in einem informativeren Stil besser gefunden. Aber natürlich liegt das mehr an mir als am Buch selbst. 3/5

    Andreas Neuenkirchen - Happy Tokio

    Ganz unterhaltsame Zusammenstellung von verschiedenen Anekdoten eines Japan-Auswanderers. 3/5

    Tom Vanderbilt - Geschmack: Warum wir mögen, was mir mögen
    Ein durchaus mit vielen Quellen untermauertes Sachbuch dazu, was die Wissenschaft darüber weiß, wie wir unseren Geschmack bilden, wie leicht er wodurch zu beeinflußen ist und vielleicht auch was Geschmack überhaupt ist. Leider war das Buch für mich sehr unorganisiert und hatte keinen richtigen roten Faden. Es wirkte eher wie eine Zusammenstellung zu allem, was man zu dem Thema sagen kann. Zudem hatte der Abschnitt zu Expertenurteilen mit Katzen- und Bierexperten und deren Beurteilung ihrer Subjekte einen Fokus, der für mich sehr uninteressant war. Während ich einzelne Fakten und Absätze immer mal wieder spannend oder faszinierend fand, hat das leider dazu geführt, dass mir die Lektüre insgesamt nicht sehr viel Spaß gemacht hat... 2/5

    Agatha Christie - One, Two, Buckle my Shoe
    Klassischer Poirot-Krimi, der manchmal ins Absurde abdriftet (schon die übertriebene Angst vorm Zahnarzt bei allen Beteiligten in den Anfangskapiteln, die fast humoristisch genutzt wurde, aber auch das Abschweifen in

    Spoiler anzeigen

    Sabotage-/Spionageplots, die dann zwar keine wirkliche Rolle spielten aber trotzdem etwas fantastisch wirkten.


    Die Auflösung hat mir schon gefallen, wirkt aber, sobald man sich mehr damit beschäftigt, doch sehr konstruiert. Alles in allem okay, aber nicht mehr. 3/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 28. Mai 2019 um 23:50

    Agatha Christie - Hercule Poirot's Christmas
    Ein Buch, das schon ewig zu meinen absoluten Favoriten zählt. Seit ich das Buch als junger Teenager zum ersten Mal gelesen habe, hat sich der Teil der Auflösung, der

    Spoiler anzeigen

    ungefähr geht "Auch Polizisten haben Töcher und Frauen... und Väter!


    bei mir eingebrannt.

    Spoiler anzeigen

    Das Konzept war damals für mich so schockierend und überraschend, dass ich von dem Buch sehr geflashed war: In allen Krimis, die ich kannte, waren die Polizisten nicht nur "die guten", sondern sie waren abseits des Hauptcharakteres oft Nichtentitäten, die nur Funktion, aber keinen Charakter hatten.


    Aber auch bei Wissen um die Auflösung (habe es noch ein paar Mal seitdem gelesen), ist das Buch sehr stark.

    Spoiler anzeigen

    Man könnte tatsächlich zur Lösung kommen, wenn man wirklich gut aufpasst (Ähnlichkeit der Männer wird schon oft betont.


    Ein sehr gutes Buch. 5/5

    Agatha Christie - Sad Cypress
    Noch ein Buch von Agatha Christie, das mir sehr gut gefallen hat. Der Beginn und die Struktur war etwas ungewöhnlich (am Anfang nicht chronologisch), aber viel hat das gefühlt nicht geändert. Außer vielleicht, dass man schon von Anfang an wusste, was der Fall sein würde und dass

    Spoiler anzeigen

    durch die klare Fokussierung auf Eleanore als von allen vermutete Täterin die erdrückende Indizienlage betont wurde.


    Hat eine nette Auflösung und liest sich gut. 4/5

    Außerdem habe ich wieder mal ein Hörbuch gehhört:

    Andreas Föhr - Eifersucht
    Ich hab nochmal geschaut, was ich zum ersten Buch des Autors, Eisenberg, geschrieben habe. Vieles davon könnte man wörtlich übernehmen: Der Schreibstil ist sehr einfach, der Fall ist okay, die Hauptperson ist interessant genug, um dranzubleiben und der besondere Fokus auf deutschem Rechtssystem ist für mich der wichtigste positive Aspekt. Das Ende ist diesmal vielleicht nicht ganz so weit hergeholt, wie ich es aus dem ersten Buch in Erinnerung habe, ist aber auch nicht umwerfend. Ist okay. Insgesamt kann man das Buch lesen, vor allem wenn man eine (in Teilen - teilweise ist das Buch eben auch ein Thriller) so weit man das beurteilen kann vernünfitge Integration von (deutscher) Justiz in einen Krimi/Thriller möchte. In allen anderen Aspekten ist es ziemlich durchschnittlich. 3/5

    Und ich lese natürlich weiter Ward von Wildbow, bin jetzt am Ende von Arc 4. Gefällt mir bisher sogar noch etwas besser als mir Worm zum entsprechenden Zeitpunkt gefallen hat. Der Stil kommt mir etwas routinierter vor (macht auch Sinn, könnte aber natürlich auch Einbildung sein), vor allem gefällt mir aber, dass der Fokus bisher viel mehr auf den Charakteren und weniger auf klassischen Kämpfen liegt. Das Worldbuilding ist immer noch überragend und es sind immer noch faszinierende Themen im Hintergrund des Stoffs (Traumaverarbeitung, Rehabilitierung) und diese erweitern auch noch sinnvoll die Themen von Worm. Auf der anderen Seite war ich von den Charakteren in Worm an dieser Stelle noch etwas mehr gehooked (nicht falsch verstehen, Victoria ist ein extrem spannender Charakter und auch die anderen Hauptcharaktere sind interessant und vor allem sehr einzigartig in ihrer Anlage. Allerdings habe ich mich gerade mit Rachel und Lisa/Tattletale damals noch etwas verbundener gefühlt. Vielleicht ist dieser Blick aber auch gefärbt, da ich mit den beiden ja mittlerweile mehrere Tausend eiten verbracht habe und nicht nur ein paar Arcs).

    Auch hier kann ich den begleitenden Podcast We've got Ward absolut empfehlen!

  • "Ich suche ein Buch" oder "Was soll ich lesen?"

    • Tolotos
    • 16. Mai 2019 um 18:29

    Mir hat die Hexer-Saga besser gefallen, bzw. noch besser die Kurzgeschichten kurz bevor diese anfängt. Du wirst aber wahrscheinlich von verschiedenen Leuten beide Meinungen hören.

    Die "Malazan - Book of the Fallen"-Reihe bietet eine riesige sehr innovative Welt (wenig formelhaftes bzw. wenig Dinge, die man anderswoher kennt) und extrem (!) starke Einzelszenen oder Plotstränge, die sich sicher dauerhaft in deine Erinnerung einbrennen werden. Gleichzeitig leidet sie aber aus meiner Sicht an sehr unklar definierten Grenzen, was wer kann (das Problem ist nicht, dass man das Leser nicht immer weiß, sondern, dass es wilkürlich wirkt (Betonung auf wirkt, mehr kann ich nicht mehr vernünftig sagen)), damit verbunden einem "höher-schneller-besser-Problem", dass man auch gut als "Dragonball-Problem" beschreiben könnte (die Personen bleiben längst nicht so eindimensional wie dort. Es geht mir mit diesem Vergleich wirklich nur um ihre Fähigkeiten) und manchmal einem zu breiten Cast, so dass man nicht jedem die nötige Aufmerksamkeit und emotionale Verbundenheit schenken kann. Trotz dieser deutlichen Kritik habe ich die Reihe als gut in Erinnerung.
    EDIT2: Was im anderen Thread gerade gleichzeitig zur zumindest beim ersten Lesen (öfer hab ich es nicht versucht) sehr undurchsichtigen Erzählart geschrieben wird, kann ich in meiner Erinnerung leider auch bestätigen.

    Die Hexer-Saga hat sehr starke Hauptcharaktere (vor allem Geralt und Ciri), eine realistisch wirkende, durchdachte Welt mit glaubwürdigen Konflikten und dabei werden durchaus auch Probleme aus unserer Welt (Rassismus ist mir am besten in Erinnerung) realistisch übertragen und dargestellt. Ich glaube für mich hätte der Haupt-Plot noch etwas innovativer sein können (alles was abseits davon passiert ist das durchaus, aber manchmal hätte ich mich fast lieber auf Nebenstränge konzentriert). Trotzdem habe ich die Reihe als sehr gut in Erinnerung.

    Ein großer Unterscheidungspunkt, der Geschmackssache ist, ist sicher auch das Setting:
    High Fantasy, so extrem wie nur möglich (inklusive Armeen voller Zauberer, Göttern, Halbgöttern und gefühlt noch mächtigeren Wesen) = Malazan
    Sehr geerdete Welt, die nah an unserer realen Vergangenheit ist, in der es aber durchaus einiges an Magie und ungewöhnlichen Wesen, Monstern und Rassen gibt (etwa sicher mehr als in ASoIaF bisher) = Hexer.

    Edit: Kingkiller wurde jetzt auch noch erwähnt. Habe diese auch sehr gerne gelesen, hätte damit aber im Nachhinein lieber gewartet, bis sie abgeschlossen ist, einerseits, weil ich Wartezeit allgemein nicht mag, andererseits aber hier spezielle auch da zumindest für mich sehr viel von meinem Gesamteindruck davon abhängt, wie es weiter/zuende geht, Stichwort unreliable narrator. Hat für mich den schönsten Schreibstil der drei Vorschläge, man muss aber einen solchen etwas blumigen Stil auch mögen. Ist bisher in großen Teilen gefühlt näher an einem MagicSchool-Setting a la Harry Potter als an einer klassischen Fantasy-Saga.

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 14. Mai 2019 um 13:53

    Nicht als Hörbuch, aber anscheinend kostenlos im Internet: https://rifters.com/real/Blindsight.htm (Seite des Autors).

    Nein, mit meinem Beruf (Mathematiker) hat das direkt nichts zu tun. Höchstens indirekt dadurch, dass ich jeden Tag etwa eine Stunde Pendelstrecke mit dem Bus habe, und dort eigentlich immer lese. Ansonsten ist glaube ich der Hauptfaktor, dass ich gerade bei nichtfiktionalen Büchern ganz gut darin bin, auch kleine Zeiträume im Alltag zum Lesen zu nutzen (für Romane wären die Zeiträume zu kurz): Etwa beim Anstehen in der Mensa, beim Zähneputzen, beim Warten auf den Bus o.ä. Ich glaube, solche Zeiten läppern sich auch irgendwann. Ansonsten nehme ich mir natürlich auch in meiner Freizeit Zeit zum lesen, aber ich glaube gar nicht so viel mehr als andere.

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 10. Mai 2019 um 14:39

    Freut mich, dass dir der Podcast gefallen hat. Ich kann leider selbst nicht mehr viel zu deinen Kommentaren/Reaktionen auf meinen Text sagen, weil ich nicht mehr genug über mein Empfinden damals weiß. Interessant, da es gar nicht so lange her ist...
    Von Kim Stanley Robinson habe ich leider noch nichts gelesen.

    Aber apropos SciFi und passend auch zum Thema Podcast, denn das folgende Buch habe ich als Empfehlung der Leute aus dem Podcast oben gelesen:

    Peter Watts - Blindsight
    Wow. Blindsight ist vermutlich das beste Buch aus dem Science-Fiction-Genre, das ich bisher gelesen habe. Auch eines der besten Bücher überhaupt, aber genreübergreifend zu vergleichen ist immer schwierig. Blindsight ist definitiv HardSciFi und unfassbar dicht geschrieben. Es wird erwartet, dass man wissenschaftliche Begriffe und Konzepte kennt und einordnen kann. Z.B: Wenn einer der Charaktere über etwas Beobachtetes einfach beiläufig "Normalverteilung" sagt, sollte man das einordnen können. Auch die Wortwahl ist manchmal extrem im wissenschaftlichen Slang, was aber dem Erzähler geschuldet ist. Gleichzeitig werden laufend beiläufig und ohne viel Exposition Elemente des Settings erwähnt/-klärt, die dann teilweise sogar plotrelevant werden. Ein Beispiel ist die Rolle der Vampire. Ja, in diesem Buch gibt es Vampire und ja, es ist Hard Sci Fi und ja, das passt beides zusammen. So gut, dass ihr euch nicht auf mich verlassen müsst: In einem Interview verschiedener Wissenschaftler, in dem diese gefragt werden, in welchem Buch ihre Wissenschaft besonders realistisch dargestellt wird, werden von einem Terry Johnson ("Bioenginner" in Berkeley) ausgerechnet Watts' Vampire als Beispiel genannt.
    Auch enige wichtige Informationen über die Personen erfährt man beiläufig durch Beobachtung, weil sei dem Erzähler klar sind:

    Spoiler anzeigen

    Dass Susan/Sasha/Michelle/Crawler eine Frau ist, die ihr Bewußtsein aufgeteilt hat oder dass Szpindel Messinstrumente und Geräte als Erweiterung seines Körpers hat


    Der Effekt ist aber großartig, denn man wird, wenn man aufmerksam liest, ausreichend gehooked und versteht dann im Laufe des Lesens, wie das Setting oder die Person oder... wirklich ist. Spannung zu erzeugen schafft der Roman sowieso hervorragend. Der Roman wird vermutlich

    Spoiler anzeigen

    Nicht vermutlich, sondern sicher, aber während dem ersten Lesen ist man nicht unbedingt sicher, daher habe ich das in Spoiler gepackt.


    nach dem eigentlichen Geschehen erzählt und immer wieder wird ominös das, was noch passieren wird, angedeutet.
    Trotz sener klaren Verortung im HardSciFi bleibt der Roman aber keine seelenlose und technikorientierte Zukunftsbeschreibung, sondern hat sowohl interessante und spannende Charaktere als auch einen mitreißenden Schreibstil (solange man mit der oben beschriebenen Wortwahl klarkommt). Und noch besser: Er hat einen philosophischen Kern. Es gibt einen Hauptgedanken, um den sich das ganze Buch kreist, und dieser wird (erfolgreich) in Form eines Plot-Twists präsentiert. Das ist eines der wenigen Bücher, die ich kenne, in dem der Twist nicht einfach nur ein erzählerischer Kniff ist, sondern sein Inhalt das große Thema des Buchs ist. Danach fällt auch vieles weitere zusammen und man merkt, dass vieles in diesem Buch auf genau dieses Thema hingearbeitet hat: Von den Charakteren über die Vampire (!) über Elemente des Schreibstils. Großartig. Ich kann dieses Buch nur uneingeschränkt empfehlen. 5/5

    Außerdem bin ich einer Empfehlung hier aus dem Thread gefolgt:

    Bill Bryson - Down Under, Travels from a Sunburned Country
    Bill Bryson hat wirklich einen extrem witzigen, sehr angenehm zu lesenden Stil. Auch inhaltlich wirkte das Buch eine Stufe über dem oben von mir gelesenen Australien-Anekdoten-Buch, weil man merkt, dass er etwas mehr abseits der aller-ausgetretensten Pfade unterwegs sein konnte. Trotzdem wird man aber einiges wiedererkennen, wenn man selbst schon in Australien war (was natürlich sehr schön ist!). Das Hauptplus ist aber natürlich der schon erwähnte Stil, der mir sehr gut gefällt, ohne dass ich ihn genauer beschreiben könnte... Vielleicht "sehr humorvoll, oft dadurch, dass eigentlich halbwegs normale Begebnisse auf sehr interessante und eloquente Art witzig verpackt/umschrieben werden und ihnen dadurch viel interessantes abgewonnen wird". Weiß aber auch nicht, ob es das immer trifft... 4/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 4. Mai 2019 um 01:40

    Ich habe Trisolaris auch gelesen, ist aber schon eine Weile her. Ich weiß noch, dass ich die vorkommenden Ideen teilweise brillant fand (v.a. der Dark Forest, aber z.B. auch der menschliche Computer im ersten Teil, das Konzept und die Auflösung der Wallfacer usw.), aber etwas störend fand, dass es v.a. im ersten Teil keine interessanten Charaktere gab (das wurde später durchaus deutlich besser).
    Wenn du hier im Thread nach "Drei Sonnen" bzw. "Dark Forest" suchst, müsstest du auch noch frischere Eindrücke von direkt nach dem Lesen finden. Warum ich den dritten Teil hier drin nicht reviewt habe, weiß ich nicht mehr. Ich weiß aber noch, dass dieser mir ähnlich gut wie der zweite, also sehr gut gefallen hat. Beide fand ich besser als den ersten Teil.
    Vielleicht interessiert dich auch der folgende Podcast zum Thema: https://www.doofmedia.com/2019/04/29/the…ook-club-april/

    Stormlight Archive habe ich noch nicht angefangen, obwohl es mich sehr interessiert, da ich mir mittlerweile fest vorgenommen habe, nichts unvollendetes mehr anzufangen. Wobei ich gerade merke, dass ich für Ward eine Ausnahme gemacht habe... Aber ich denke einen zuverlässigeren Autor werde ich so oder so nicht finden, also sollte diese Ausnahme okay sein.

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 24. April 2019 um 15:12

    Sabine Hossenfelder - Lost in Math
    Ein Buch über Probleme, die die Autorin (macht gerade ihren PostDoc in Physik) mit der momentanen Forschung in der theoretischen Physik und vor
    allem mit der Art, wie Forschungsschwerpunkte bestimmt werden, hat. Es geht z.B. darum, ob Empfinden für Ästhetik Forschungsschwerpunkte
    beeinflußen sollte, und in welchem Ausmaß, ob (vor allem theoretische) Physiker genug auf die vielen Biases achten, die sie sicher mitbringen
    (Confirmation Bias, Sunk Cost Fallacy u.ä.) oder wie zielführend es ist, wenn vor allem mit Geldern unterstützt wird, "was alle machen". Die
    grundsätzlichen Probleme, die das Buch anspricht, waren interessant und in diesem Ausmaß sicher auch erschreckend. Dafür hat es sich schon
    gelohnt, das Buch zu lesen. Obwohl die Autorin recht allgemeinverständlich schreibt, muss ich zugeben, dass es nicht immer leicht oder gar unterhaltsam zu lesen war - dafür habe ich
    wahrscheinlich einfach zu wenig Ahnung von der Materie. Aus dem gleichen Grund bin ich mir auch nicht sicher, ob ich alle Punkte verstanden bzw. vor allem mir gemerkt habe, die sie macht. Allein wegen des wichtigen
    Inhalts bin ich aber froh, das Buch gelesen zu haben. Bewertung für mich persönlich 3/5, aber wohl etwas davon beeinflußt, dass das Gefühl, das in diese Zahl eingeht, glaube ich mehr (nicht: nur) meinen Spaß beim
    Lesen des Buches misst als das, was ich gelernt habe, was hier stark verzerrt.

    Agatha Christie - The Regatta Mystery Parker Pyne

    Kein wirkliches Buch, sondern eine 30-seitige Kurzgeschichte: Eigentlich wäre das Buch The Regatta Mystery and Other Stories drangewesen. Das habe ich aber nicht für meinen eReader gefunden. Also habe ich mit der titelgebenden Kurgeschichte vorlieb genommen und diese gelesen. Am treffendsten zusammenfassen kann man sie mit "ganz nett". Hat mich unterhalten, war okay, aber wird nicht im Gedächtnis bleiben. 3/5

  • Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?

    • Tolotos
    • 19. April 2019 um 08:46

    Richard David Precht - Tiere denken
    Ein Buch, das in vier Sinnabschnitte unterteilt ist: Biologische Gründe, warum man Tiere und Menschen oder Tiere voneinander ab einer gewissen Entwicklungsstufe unterscheiden sollte/könnte, insbesondere in Hinblick auf moralische Grundsätze; Kulturgeschichte, wie das in vergangenen Zeiten gehandelt wurde und vor allem, welche Außenseitermeinungen es sogar im eher tierunfreundlichen Rom oder Griechenland gab; ein philosophischer Abschnitt zu Theorien von Singer & co und was der Autor darauf erwidert sowie ein Abschnitt zur praktischen Einordnung vieler Tierrechtsthemen wie Vegetarismus, Zoos, Tierversuche usw.
    Die ersten beiden Teile haben mir (bis vielleicht auf die Fixierung auf den prozentualen Unterschied im Genom) extrem gut gefallen. Ich habe dort, gerade im zweiten Teil, einiges gelernt und die Informationen waren auch gut aufbereitet und in einem schönen Stil aufgeschrieben. Z.B. vom Verhältnis der Ägypter zu Tieren oder auch von vielen eher unbekannteren historischen Personen hatte ich vorher noch nie etwas gehört. Der vierte Teil ist auch gut. Dort steht zwar nicht spektakulär neues drin, aber eine sinnvolle Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themen und Idealvorstellungen des Autors, was sich vielleicht in Zukunft im jeweiligen Bereich ändern könnte/sollte. Leider war gerade der dritte Teil eine Enttäuschung. Im Vorwort behauptet der Autor, eine Konkurrenztheorie zu Singer & Co zu haben, die deren Schwächen aushebelt. Was er dann vorstellt ist mehr oder minder nur, dass man die Bevölkerung nicht mit zu radikalen Ideen überraschen sollte, weil diese eher zur Ablehnung führen und daher schrittweise vorgehen sollte. Das mag pragmatisch Sinn machen und je nach Definition ist es vielleicht sogar wirklich eine ethische Theorie (z.B. in den Utiliarismus gekleidet), aber für mich war es halt weniger die Frage "Was sollte man anstreben?" sondern eher die Frage "Wie erreicht man am pragmatisch am besten, dass ein bestmögliches Ziel eintrifft?" im Vordergrund. Das ist zwar eine interessante und wichtige Frage, aber ich denke, dass auch anderen bewußt ist, dass man sich diese Frage stellen muss und dass es daher keine gute philosoph. Konkurrenztheorie ist... Für mich war das etwas irreführend.
    Da ich das Buch vor allem wegen dem philosophischen Teil gelesen habe, bleibe ich daher bei einer 3/5. Bei einer anderen Schwerpunktsetzung findet man es sicher besser.

    Agatha Christie - Appointment with Death
    Die vorgestellte Psychologie der unterdrückten Familienmitglieder war vielleicht etwas simpel, aber der eigentliche Film war spannend und hatte eine nette Auflösung, die ich zwar erahnt habe, die mir aber trotzdem sehr gut gefallen hat. 4/5

    Übrigens habe ich mit dem Buch von Bill Bryson angefangen und es gefällt mir bisher sehr gut. Seinen Stil finde auch ich sehr unterhaltsam. Danke für die Empfehlung schonmal.

Aktivste Mitglieder

  • Esmeralda

    44.350 Punkte
  • Dreenan Kel Zalan

    39.399 Punkte
  • onyx

    37.675 Punkte
  • ssnake

    36.962 Punkte
  • kait

    25.795 Punkte
  • Ser Arthur Dayne

    25.060 Punkte
  • Obrac

    24.509 Punkte
  • HappyTime

    20.552 Punkte
  1. Datenschutzerklärung
  2. Impressum
  3. Nutzungsbedingungen
Community-Software: WoltLab Suite™ 6.1.8