"Schattenfall":
Ich habe das Buch vor gut einer Woche zu Ende gelesen und ich bin von ihm absolut begeistert. Es hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt.
Das Grundthema des Heiligen Krieg vor dem Hintergrund der Intentionen der verschiedenen Gruppen und Personen, die sich alle in und um den heiligen Krieg ballen, gelingt fantastisch. Und so bildet sich allmählich ein Geflecht der unterschiedlichen Absichten, Hoffnungen und Maßnahmen der Beteiligten, das sich wie einer der Hauptcharaktere befürchtet ein nicht vorhersehbares Phänomen.
Dabei ist die düstere, detaillierte und in vielem sehr ungewöhnliche Welt kaum erklärt. Viele Begriffe werden eingeworfen ohne, dass ich mir am Ende des Buches einen wirklichen Begriff davon machen konnte. Ein gutes Beispiel sind die schon im Prolog auftauchenden Sranc, bei denen ich mir nach wie vor nichteinmal sicher bin, ob es sich bei ihnen um Menschen handelt.
Desweiteren sind natürlich die Charaktere zu erwähnen. Es gibt da eine ganze Menge, von denen auch einige zu POVs werden. Allerdings ist schwer zu sagen wie viele Hauptcharaktere es sind, mMn sind es zwischen zwei und acht.
Alle diese Figuren sind gut ausgearbeitet, nachvollziehbar, ausgesprochen grau und irgendwie auch sympathisch. Wobei ich besonders Kellhus sehr grenzwertig, aber auch am interessantesten fand. Achamian ist dagegen eindeutig der sympathischste.
Vielen von ihnen sind philosophische Grundsätze gegeben, aber alle denken viel und gern über ihre eigene Bestimmung und ähnliches nach. Und das ist mindestens so interessant geschrieben wie die noch spärlichen Kampfszenen (von denen in den Folgebänden wohl mehr zu erwarten ist).
Der von diesen philosophischen Ergüssen geprägte Stil hält locker mit dem Rest des Buches mit und hat mir daher ein neues Mitglied unter den Lieblingsbüchern beschert, ganz nah bei Martin oder Erikson, zu denen sich auch viele Gemeinsamkeiten (und Unterschiede) finden lassen, wenn man es darauf anlegt.
Zur Kellhus-Problematik:
Ich bin auch der Meinung, dass seine Übermacht schon im ersten Buch ein zentraler Bestandteil, wenn auch nicht der einzige, ist.
Allerdings sehe ich es auch nicht so, dass er am Anfang keinen Problemen unterworfen wäre bzw. es keine potenziellen Gegner gäbe:
1. Der Nicht-Mensch hat ihn nur leben lassen, weil er es lustig fand einen Anasurimbor leben zu lassen.
2. Cnaiür macht ihm einige Probleme und ist noch immer nicht voll auf seiner Seite
3. Steht sein Einfluss wohl in keiner Relation zu der seines Vaters (Maithanet? Ich will keine Antwort )
4. Könnte ihn wohl jeder Magier besiegen, den er gegen sich aufbringt.
5. Sieht er sich selbst damit überfordert dieKausalität innerhalb des Heeres vorraussagen zu können.
6. Hat er bisher kaum einen Gebildeten auf seine Seite gebracht, der nicht Grund dazu hätte. Für Proyas scheint er schließlich der vernünftigere Gesprächspartner zu sein, um sich die Unterstützung des Scylvendis zu sichern, und dass Akka einem Anasurimbor vertrauen will, ist ja auch nicht wirklich erstaunlich.
Wenn man von diesen beiden absieht, hat er bisher nur eine sehr labile Frau (Serwe), die an ihre eigene Wertigkeit glauben will, und ein paar "leichtgläubige" Jünger in Athrithau überzeugt. Ansonsten sind seine Erfolge doch eher auf das schnelle Schließen von Freundschaften, das Aufbauen seine Mythos als Prinz aus dem Norden und überzeugende Redekunst zu beschränken.
Damit will ich natürlich nicht abstreiten, dass seine Talente ihn zu einem Charakter machen, der so ziemlich jedem normalen Menschen um ihn herum überlegen ist, aber als unantastbar würde ich ihn im ersten Buch auch nicht bezeichnen.
Allerdings finde ich das Zusammenspiel mit diesen Talenten und seiner überlegenen Kampfkunst ein wenig übertrieben. Meiner Meinung hätte es dem Buch nicht geschadet oder die Stellung des Charakters gefährdet, wenn bspw. Cnaiür ihn in einem Zweikampf besiegen könnte. Aber das kann man auch anders sehen.
Was mich an ihm mehr gestört hat war die fehlenden Moralvorstellungen, aber diese sind natürlich mit dem Glauben an den Logos auch nicht vereinbar. Ich hoffe, dass es da in den nächsten 6 Büchern noch ein paar Einschnitte in seinen Glauben an diese Philosophie geben wird.