Es wird vermutlich klar sein, dass du mich in einer Welt, in der eine Milliarde Chinesen China dufte finden, mit einer breit vertretenen Meinung nicht bekommen wirst.
Ich habe einen deutlich gesünderen Respekt vor Kritikern, allerdings bewerten diese ein Werk üblicherweise nicht im gesamtkulturellen Kontext, sondern gewissermaßen kulturrelativistisch. Dafür ob ein Hamburger lecker ist und nicht wie er sich im Verhältnis zum glasierten Winterhering verhält, der - oh Überraschung - deutlich weniger Anhänger hat.
Selbstverständlich ist mir das klar, deswegen habe ich auch nur Listen rausgesucht (Ausnahme imdb), die von Kritikern erstellt wurden. Nicht nur das, sie sind gar ein Sammelsurium aus vielen verschiedenen Kritikerlisten. Die BBC- Liste basiert beispielsweise auf 206 Kritikerlisten all over the world und hat dabei penibel drauf geachtet, dass 100 Frauen und 100 Männer dabei sind. Natürlich kann man das eine Spielerei nennen - ich für mich behaupte aber, dass man besser kaum einen qualitativen Konsens bestimmen kann - das sind größtenteils Leute, die ihren Unterhalt damit verdienen, TV-Serien zu schauen, zu sezieren und zu bewerten. Und klar, der eine hat Kritikpunkte an GOT, der andere an einer anderen Serie, aber dafür bietet so eine Liste eben eine Schnittmenge.
Dein Verständnis eines TV-Kritikers teile ich nicht. Es geht gerade in den von mir verlinkten Listen darum, die beste Serie für einen bestimmten Zeitraum zu ermitteln. Da sind dann auch Sachen dabei, die hat kaum ein Zuschauer gesehen - und ich bin mir sicher, dass ich dir da einige glasierte Winterheringe (in Serienform) ans Herz legen kann, zu denen du noch keine Berührungspunkte hattest.
Auch verstehe ich nicht, warum du krampfhaft versuchst den ollen Schorsch aus der Seriengleichung herauszunehmen bzw. von irgendetwas abzuziehen. Der ist ein fester Bestand als Urheber der Vorlage und hat nebenbei über einen nicht unerheblichen Teil die Serie begleitet, sogar Drehbücher geschrieben. Natürlich trägt er zum Erfolg und zur Qualität der Serie bei, ebenso übrigens wie Benioff und Weiss. Das Ding hatte für den Scope und den Rahmen anfangs viel zu wenig Budget, der ursprüngliche Pilot wurde von HBO in der Luft zerrissen. Die Zuschauerzahlen waren anfangs in Ordnung, aber es war nicht im Ansatz abzusehen, dass sich die Serie zu DEM Phänomen entwickelt, welches es letztlich wurde.
Dass eine gute Vorlage einfacher zu adaptieren ist, als eine schlechte, da sind wir uns einig.
Nichtsdestotrotz gibt es etliche Szenen und Entwicklungen, die nur in der Serie existieren, die ich für außerordentlich gelungen halte.
Die Entscheidung Arya und Tywin in Staffel 2 zu verbinden, Theon, der Rodrick Cassel hinrichtet, die Dynamik/Verbindung zwischen Robert und Cersei (die du in meiner Erinnerung grauenhaft fandest), die mit deutlich mehr Profil ausgestattete Figur Oberyn Martell, der Kampf zwischen Sandor und Brienne, die inszenatorisch von vorne bis hinten brilliante Folge um die Sprengung der Septe. Die sehr ruhige, charakterbezogene Staffel 8 Folge „A Knight of the seven Kingdoms“ zähle ich ebenfalls dazu.
Daran anschließend gibt es weitere individuelle Episoden, die, natürlich auch getrieben von Martins Story, aber auch von der Inszenierung her, schlicht grossartig sind. Baelor, Blackwater, The Rains of Castamere, The Watchers on the Wall (der Single Track Shot!!!), Hardhome, The Battle of the Bastards.
Das Gesamtwerk verdient in meinen Augen nach wie vor einen Platz im Serienolymp, aber da gehen die Meinungen insbesondere in unserem Forum nicht erst seit heute auseinander.