Ich war am Sonntag ebenfalls in Tenet. So wie el_drogo verrate ich im Folgenden nicht mehr als in den Trailern.
Tenet ist ein sehenswerter Film, gerade Fans von Nolan sollten keine Bedenken haben. Wenn man aber die bisherigen Filme von Nolan nicht gemocht hat, wird Tenet eher nicht das Tor zu seinen Werken darstellen, er ist nämlich nicht gerade Perfekt.
Tenet ist in seinen Gründzügen ein James Bond Film, mitsamt einem perfekten Agenten, einem russischen Bösewicht und seiner hübschen Frau, die dem Helden nicht abgeneigt ist. Praktisch, um den Zuschauern den Einstieg in den Film zu erleichtern, der nicht gerade anspruchslos daher kommt. Mich haben die Klischees aber ein bisschen genervt.
Mehr als ein bisschen könnte die Plattheit der Charaktere nerven. Den perfekten Protagonisten hab ich schon erwähnt, die meisten anderen Charaktere sind auch nicht vielschichtiger und dementsprechend wenig nimmt es einen mit, wenn sie in Gefahr sind oder schwere Entscheidungen treffen müssen. Ich würde sagen, Tenet ist der "kälteste" Film Nolans. Während die Charaktere und die mit ihnen verbundenen Emotionen etwas im Hintergrund geraten, steht die Veränderung unserer physikalischen Gesetze und die damit verbundene Gedankenspielerei im Vordergrund.
Bei dem Gedankenexperiment wartet schon das nächste Problem. Der Film erklärt sehr viel und ich persönlich (wie viele andere anscheinend auch) konnte trotzdem nicht mitkommen. Bis in die Finale des Filmes werden Zusammenhänge erklärt und es wird kaum Zeit gelassen, um das Gesagte zu verarbeiten. Wenn mir philosophische Ideen entgangen wären, die beim wiederholten Schauen sich erschließen lassen, wäre es ja kein Problem, ich wusste Zeitweise nichtmal, warum die Hauptcharaktere das taten, was sie gerade taten.
Trotz der genannten Schwächen war ich die gesamte Vorstellung über gespannt am Sitz gekettet. Woran lag das?
Der Film hat Audiovisuelle Kraft. Wie gewohnt vermischt Nolan die anspruchsvolle Handlung mit Spektakel. Die wuchtige, aber glaubwürdige Action bietet durch das Spiel mit der Zeit originelle Aufnahmen und ist, sofern man sie gerade kapiert, mit spannender Handlung verbunden. Der Kameramann Hoyte van Hoytema behält bei der Action den Überblick und bietet schöne Bilder in den ruhigen Momenten. Der Soundtrack von Ludwig Göransson besteht zu großen Teilen aus dem tiefen, elektronischen Dröhnen, wie z.B. Hans Zimmer es einsetzt und welches nichts neues mehr ist, meiner Meinung nach aber super funktioniert.
Die Darsteller leisten allesamt eine gute Arbeit, auch wenn ihre Charaktere nicht besonders vielschichtig sind. Kenneth Branagh gibt dem Bösewicht die nötige Bedrohlichkeit und der Charakter von Robert Pattinson ist ziemlich charismatisch.
Auch wenn die Ausgangssituation Klischees beinhaltet, ist der Handlungsverlauf originell und spannend. Solange man mitkommt, macht das Mitdenken spaß.
Fazit:
Tenet ist zu keinem Zeitpunkt langweilig, bietet interessante Gedankenexperimente, spannende Action und beeindruckende Bilder. Tenet hat aber auch langweilige Charaktere und muss die Handlung ständig erklären. Trotz aller Erklärungen ist es schwer, mit der Handlung mitzukommen und ich frage mich, ob der Film tatsächlich so komplex ist, oder ob er nur nicht schafft, einfacher und eleganter zu erklären. Ich als verwirrter Zuschauer kann das schwer beurteilen. Deswegen gehe ich nächste Woche auch noch mal rein
Hier noch paar interessante Beiträge in der Diskussion um Tenet, die ich mir nach dem Kinobesuch angeschaut habe (Verraten evt. zu viel, wenn man den Film noch nicht gesehen hat):
Eine sehr kritische Review mit einem Blick auf die gesamte Filmografie Nolans:
Eine sehr wohlwollende Review mit einem konkreten Interpretationsansatz:
Eine Review mit paar Fun-Facts zur Entstehung des Filmes: