ZitatZunächst einmal: Eine Lücke bei sexueller Gewalt besteht nicht (das hat jetzt aber nichts mit den Grapscher-Fällen zu tun), jedoch kann man die "Grapscher"-Fälle als Strafbarkeitslücke ansehen.
Ich habe oben schon geschrieben, dass ich heute nicht mehr dazu komme.
ZitatNun haben wir es aber bei den von Dir beschriebenen Grapscher-Fällen mit zwei Menschen zu tun. In der Berührung eines fremden Menschen wird man kaum eine der Enteignung gleichstehende Handlung sehen können, denn der oder die Betroffene büßt hier nichts ein. Der Vergleich der Tatbestände in ihrer konkreten Ausgestaltung (und nicht nur in ihrem dogmatischen Aufbau, worauf Fischer auch im Wesentlichen hinaus will) hinkt daher: Bei einer Berührung wird niemand enteignet oder einer sonstigen Rechtsposition beraubt. Man ist lediglich einer unbefugten Benutzung (ich weiß, dass dieses Wort nicht passt) ausgesetzt. So ergeht es dem Betroffenen einer Gebrauchsanmaßung: Er ist in seinem Vermögen nicht geschmälert, aber einer Nutzung ausgesetzt.
Die Gebrauchsanmaßung ist nicht straffrei, wenn dem Besitzer durch die Nutzung ein Wertverlust entsteht indem ihm ein Substanz- oder Sachwert entzogen wird. Wenn wir bei dieser unpassenden Parallele verbleiben wollen, handelt es sich bei der Nutzung um einen Wertverlust am körperlichen und psychischen Wohlbefinden des Objekts, der nicht dadurch aufgehoben ist, dass die Nutzung eingestellt wird.
Im Übrigen scheint mir die Argumentation in der Welt der Übergriffe recht einsam zu sein. Ich denke nicht, dass unterstellt wird, ich würde keinen Schaden erleiden, wenn ich nach einer Ohrfeige wieder frei und uneingeschränkt über mein Gesicht verfügen kann.
Zitat
Menschliche Interaktion lässt sich darüber hinaus nicht in ein Ja/Nein-Schema wie beim Eigentum pressen, was Fischer auch zutreffend feststellt. Eine objektivierbare Perspektive wie das ausdrückliche Einverständnis einer Vermögensverschiebung wird man bei der nonverbalen Kommunikation zwischen zwei Menschen nicht formulieren können. Forderst Du nun aber vor jeder Berührung ein Einverständnis, so erstickst Du geradezu den Umgang von Menschen untereinander in Gänze. Denn welche Berührungen sollen denn dann umfasst sein?
Die Argumentationsweise stört mich an Fischer am massivsten.
Er möchte aus Menschen keine unmündigen Idioten machen und erklärt sie selbst zu unmündigen Idioten, gewürzt mit Panikmache.
Ein Einverständnis, sei es nun mit einer Vermögensverschiebung oder einer sexuellen Handlung kann natürlich nicht nur ausdrücklich sondern auch konkludent erklärt sein.
Wer kennt das nicht von Zuhause:
"Heh, das ist mein Brot!"
*Happs*
"Strafanzeige ist raus!"
Nun, vermutlich niemand. Ebensowenig wie eine Strafanzeige wegen Unterschlagung weil man mit Freundes Fahrrad zum Netto geradelt ist. Oder die Strafanzeige wegen Beleidigung, weil man zu einem Kumpel im Eifer des Fußballgefechts "Du Depp!" gesagt hat.
Seltsam - denn die Paragraphen zu Diebstahl, Unterschlagung und Beleidigung gibt es doch schon seit einer ganzen Weile. Vermutlich wird es auch in diesem Fall einfach mal so sein, dass man gegenüber Personen die man gut kennt bereits auf bestimmtes Vorwissen zurückgreifen kann und deren konkludente Einverständnis zu bestimmten Handlungen voraussetzen kann. Und sich Personen deren Wille und Gewohnheiten einem fremd ist, vorsichtig verhalten soll und im Zweifelsfall direkt verbal kommunizieren. Aber das wissen wir ja hoffentlich bereits.
ZitatEs soll ultima ratio sein, deshalb sind Schutzlücken im Strafrecht geradezu unumgänglich. Das Strafrecht soll nur die allerschwersten Verstöße ahnden und auch hinreichend bestimmt sein.
Genau. Deswegen kann man jemanden strafrechtlich verfolgen lassen, der einem in der U-Bahn spontan einen Flip aus der Chipstüte klaut, aber nicht jemanden der einem ebenso spontan über Hals, Wange oder Ausschnitt leckt. Meinetwegen auch gern als Antragsdelikt.
ZitatDie Stellungnahmen der Praktiker sind doch recht eindeutig: Auch wenn Oberstaatsanwalt Eisenhuth eine Schutzlücke sieht, lehnt er eine Einführung eines solchen Tatbestandes ab.
Hast du die Stellungnahme selbst gelesen? Aus meinem Link ergibt sich das nicht.