Die haben damit zu tun, dass sich Deutschland in der Rolle gefällt, sich für eine dreiprozentige ausländische Opposition nach der anderen in die Bresche zu werfen, die im gegebenen Land schlicht nicht die geringste Rolle für den Großteil der Bevölkerung spielt.
Cool story. Ich bin allerdings nicht Deutschland, sondern eine Privatperson (überraschend, ich weiß), noch habe ich einen Blauhelm-Einsatz in Budapest gefordert. Tatsächlich habe ich gar nichts gefordert. Niemand hat die Absicht eine Steuergeldverschwendung an ungarische Kleinstparteien zu errichten, das Geld fließt weiterhin an die Regierungsparteien. Schnappatmung bitte einstellen.
ZitatWenn man die Bürger des jeweiligen Landes nicht vollends von der EU entfremden möchte, wird man Wege finden müssen mit einem Orban oder einem Erdogan zu interagieren, weil die darstellen was das jeweilige Land - absolut - will.
- Orban mag zwar mehr als 70% der Sitze im Parlament haben, gewählt haben die Fidesz aber "nur" 49% der Wahlteilnehmer. Dieses Mißverhältnis aus Stimm- und Sitzverteilung wurde durch Änderungen am Wahlgesetz, die sich Fidesz in der ersten Regierungszeit auf den Leib geschrieben hat, erst möglich.
- Ob alle, die Fidesz gewählt haben, auch damit einverstanden sind, in Zukunft keine Wahl mehr zu haben, ist eine Annahme, die ich nicht blind unterschreiben würde.
- Auch mit 51% der Stimmen sollte es in einer Demokratie der Mehrheit nicht möglich sein, den Minderheiten jegliche Teilhabe unmöglich zu machen
- Sollte die Ungarn tatsächlich "absolut" eine Diktatur vorziehen (und auch andere Orban'sche Sichtweisen vertreten: EU ist zu multikulturell (*lol*), plant einen von Soros organisierten Bevölkerungsaustausch, Subventionen nehmen wir aber trotzdem gerne), dann ist der maximale Grad der Entfremdung ohnehin schon erreicht. Und ich sehe nicht die EU in der Bringschuld, ihre eigenen Positionen diesbezüglich den Ungarn anzupassen.
ZitatNatürlich macht es einen Unterschied, weil ein Parlament derzeit nur schwer oder gar nicht zusammenkommen kann. Es fanden bei uns ebenfalls sehr laute Überlegungen statt, das Gesetz zum Verteidigungsfall auf die Pandemie anzuwenden. Dann würde der Bundestag durch den Gemeinsamen Ausschuss aus 48 Personen ersetzt werden.
Die einen überlegen laut, die anderen setzen es in die Tat um. Bisher haben sich ziemlich viele Maßnahmen in Deutschland umsetzen lassen, ohne Merkel quasi-diktatorische Vollmachten ausgestellt zu haben. Andere Länder haben das auch hinbekommen. Wenn Ungarn mit (Stand gestern) 472 Infizierten und einer 70% Mehrheit der Regierungspartei im Parlament derart aufs Entdemokratisierungs-Pedal steigt, dann sind vermutlich doch eher Wunschvorstellungen als unabdingbare Notwendigkeiten der Auslöser.
ZitatWahlen würden auch bei uns nicht stattfinden, bis die Notlage für beendet erklärt ist (115h GG). Wann sie beendet ist, entscheidet bei uns wie in Ungarn das Parlament.
Der Verteidigungsfall zieht nur bei einem Angriff auf die Bundesrepublik mit Waffengewalt. Eine Anpassung der Verfassung, den Verteidigungsfall auch auf andere Notstände wie eben eine Pandemie anwendbar zu machen, erfordert eine 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Seh ich eher nicht passieren. Stattdessen wird auch über Alternativen diskutiert. Zum Beispiel, daß im Falle von Abgeordneten in Quarantäne alle Fraktionen so viele Parlamentarier zurückziehen, daß die Verhältnisse gewahrt bleiben.
ZitatNicht falsch verstehen - ich hoffe Orban stellt mit den neuen Befugnissen keine Ferkeleien an. Wenn bei uns die Strafbarkeit von Fake-News seit gut zwei Jahren diskutiert wird und Ungarn führt sie tatsächlich ein, dann halte ich Schnappatmung für unangebracht. Die entsteht ja dadurch, dass Orban sie "böse" anwenden würde uns bei uns wäre es "gut". Das soll aber angeblich eine recht subjektive Angelegenheit sein.
Diskutiert wird bei uns auch über das bedingungslose Grundeinkommen oder die Legalisierung von Drogen seit Jahren, ohne daß es irgendwo hinführt. Und solange die eine Seite nur gefällig vor sich hinschwatzt und die andere Seite entsprechende Instrumente einführt und auch einsetzt, finde ich das Abarbeiten am "Wir gut, die böse"-Strohmann eher müßig.