Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020

  • Habe ein Frage an die gut informierten US-Politiker hier.


    Ich habe neulich Michael Moores Fahrenheit 11/9 gesehen. Darin wird behauptet, dass die Demokraten die interne Wahl für den Präsidentschaftskandidaten 2016 eindeutig manipuliert haben und dass eigentlich Sanders lt. Ergebnis ganz klar der Präsidentschafts-Kandidat hätte sein müssen und nicht Clinton. Ich weiss, dass man bei Moores Filmen immer etwas vorsichtig sein muss, da er in Darstellung und Erzählweise zu Übertreibungen neigt. Aber ist das wirklich alles so zutreffend?
    Und ist das mit dem Wasserskandal in Flint - Michigan ebenfalls alles zutreffend so wie im Film dargestellt? Auch dass Obama selbst dann so arschig reagiert hat? Oder rückt er das alles bewusst in ein ganz trübes und trostloses Licht?
    Ich meine, der Film hat ja das klare Ziel, das gesamte politische System der USA in seinen Grundfesten zu erschüttern, was er (zumindest) bei mir ehrlich gesagt auch geschafft hat.

    ich bin der singende, tanzende Abschaum der welt.

  • Halte ich für Unsinn, das Gegenteil dürfte der Fall gewesen sein. Ein mal im Leben war die demokratische Partei schlauer als ihr doofes System in dem sich alle gegenseitig schlecht machen, bis sie gegen ihre echten Konkurrenten antreten. Sanders hat dann eine weitestgehend für Clinton geleerte Bühne für sich benutzt.


    https://www.vox.com/policy-and…democratic-primary-rigged


    Ich kann Sanders entsprechend aus genau den gleichen Gründen nicht leiden wie Merz. Trump musste ihn eigentlich nur noch zitieren.

    I have been despised by better men than you.

  • Vielen Dank für den Artikel, das beruhigt etwas. :)
    Ich frage mich nur, wie Moore (und offenbar auch andere) zu dieser Behauptung gekommen sind und was die Intention dahinter war?
    Ich meine grundsätzlich ist er ja links-liberal und sollte daher die demokratische Partei durchaus in jedem Fall favorisieren, aber im Film verteufelt er die Demokraten gleichermassen wie die Republikaner. Im Grunde lässt er am gesamten System kein gutes Haar und wirft vor allem auch den Demokraten vor, hauptsächlich von elitären Kreisen beeinflusst und gesteuert zu sein, sowie dass man sich auch nur um die gut-bürgerlich dastehende Wählerschaft bemüht und die "einfachen Arbeiter" links liegen lässt. Menschen wie ich sind dann einfach viel zu weit weg von der ganzen Thematik um das vernünftig einordnen zu können, da lasse ich mich dann recht schnell verführen...
    Der Flint-Trinkwasser Skandal und Obamas Reaktion hinterlässt allerdings trotzdem noch einen faden Beigeschmack....
    Der Film ist übrigens in der ZDF - Mediathek frei verfügbar, falls ihn jemand gucken möchte und nicht schon gesehen hat.

    ich bin der singende, tanzende Abschaum der welt.

  • Ich finde den Grundsatz Moores - und auch Sanders nicht völlig falsch. Amerikanische Politik ist unfassbar lobbybetrieben, durchaus auch auf Seiten der Demokraten ebenso wie das gesamte System ja deutlich kapitalistischer ausgerichtet ist als unser eigenes. Ich würde die beiden Parteien eher mit AFD bis CDU und CDU + Scholz vergleichen als mit einem echten links und rechts. In dem Michigan Fall, den du selbst anführst haben sich die Demokraten wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, wobei ich da keine herausragende Rolle bei Obama persönlich sehe (ich habe den Film nicht gesehen und weiß nicht, was genau ihm vorgeworfen wird).
    Sanders hat hier im Forum ja auch sehr viele engagierte Fans.
    Würde er eine eigene Partei gründen und damit gegen das Establishment vorgehen, könnte man ihm aus meiner Sicht eine Heldenmedaille ausgeben. Aber stattdessen hat er sich bei den Demokraten eingenistet und der Partei dabei als Nestbeschmutzer im Kampf gegen Trump deutlich geschadet.
    Entsprechend empfinde ich sein Verhalten nicht als heldenhaft sondern schlicht parasitär.


    Wenn du dich richtig gruseln möchtest, empfehle ich übrigens "Homicide: Ein Jahr auf mörderischen Straßen" das die Grundlage für die Serie The Wire war. Ein Polizei- und Justizsystem zum abgewöhnen, haben die Menschen jenseits des Meeres.

    I have been despised by better men than you.

  • Barack Obama zu den Problemen des Wahlsystems und warum es wichtig ist wählen zu gehen.
    Selten so eine gute Erklärung gehört/gelesen

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    "Tigris doofitis ordinaris"
    "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten."
    "Der Strike ist dem Räumfehler sein Tod..."

  • Das Problem der Demokraten mit Sanders und anderen ist der Grund, warum sich rechtsnationale, autoritäre Parteien in stark polarisierten Gesellschaften am Ende meistens durchsetzen. Das linke Lager wird sich im Zweifel im Krieg um Grundsatzfragen (man könnte auch sagen: Glaubensfragen) eher selbstzerfleischen (nicht mal der enorme Leidensdruck diesen Jahres hat wirklich ausreichend disziplinierend gewirkt), während das rechte Lager vorwiegend daran interessiert ist, die Macht zu haben und zu erhalten, egal was damit getan wird. Die einzige Chance scheint mir zu sein, dass Links Rechts lange genug von der Macht fernhält, dass über die Frustration diesen Zustands die Köpfe rollen und sich die Radikalen selbst zerfleischen. Die größte Hoffnung für die nächste Wahl ist jetzt schon, dass Tucker Carlson oder wer auch immer antritt und Trump ihm von der Seitenlinie aus Florida 5% Stimmen abzieht. Trump ist sicher genug Narzisst dafür.


    Mir hat Ezra Kleins Buch "Why we're polarized" (auf deutsch: "Der tiefe Graben: Die Geschichte der gespaltenen Staaten von Amerika" :dash: ) sehr geholfen, ein wenig in der aktuellen US-Politik durchzublicken, historischer Jill Lepore "Diese Wahrheiten" (das ist aber ein Wälzer mit Lääängen). Klein stellt die Demografie und die Angst der weißen Christen vor einer Majority-Minority Gesellschaft mit ihnen in der Minderheit sehr in den Vordergrund, mir fehlt ein wenig die Rolle der Bewältigung der Finanzkrise in Hinblick auf die riesigen demokratischen Verluste in den Midwests, aber wie diese völlige irrationalen Megaidentitäten "Republikaner" und "Demokraten" beschaffen sind, fand ich einleuchtend. Und nebenbei erfährt man, warum Machtaufgabe der Parteileliten zugunsten einer radikalisierten Basis überhaupt keine dolle Idee ist und warum auch Kleinspender nicht zwingend stabilisierender als Großspender sind (ebenfalls weil sie wesentlich radikaler sind).

  • Tja, das mit dem "einnisten" hat Trump auf der anderen Seite ja bei den Republikanern geschafft, die jenigen (wichtigen Stimmen) aus der Partei die einst gegen ihn waren sind entweder inzw. Tod, im Ruhestand oder verteidigen jetzt seine Weltsicht. Bekanntere drittkandidaten haben soweit ich weiß in den letzten hundertjahren nur der ihr etwas näher stehenden Partei Stimmen gekostet (das wäre die Hoffnung bei einer Kandidatur von K. West gewesen. Vor 15-20 Jahren war es der grüne Nader). Zumindest dieses Jahr hat sich Sanders doch auch dann sehr hinter Biden gestellt oder?


    Danke für die Buchtipps.

  • Zitat

    Zumindest dieses Jahr hat sich Sanders doch auch dann sehr hinter Biden gestellt oder?


    Ja. Nun, warum auch nicht. Er hat sich unter den Demokraten mit einer anderen Haltung ausschließlich Feinde gemacht, wollte diesmal nach eigener Aussage insbesondere Trump abwählen, hatte selbst ohnehin keine Chance und hofft wohl nun mehr oder weniger insgeheim auf einen Ministerposten.
    Der ihn im Übrigen recht mundtot machen würde, also hätten sogar beide Seiten etwas davon.


    Der Artikel fasst es aus meiner Sicht ganz gut zusammen:


    https://www.politico.com/news/…ers-democrats-2020-304277

    I have been despised by better men than you.

    Einmal editiert, zuletzt von Maegwin ()

  • Ich bin immer noch ein wenig baff von der Rede Giulianis, bei der ihm das Haarfärbemittel ins Gesicht geronnen ist.


    Der 2013 verstorbene Hugo Chavez hat unter anderem Biden den Sieg gebracht ... Soso. Wie Trump und seine Entourage verzweifelt versuchen, mit allen Tricks irgendwie doch im Weißen Haus zu bleiben, ist beklemmend.


    Nichts davon kommt überraschend, wurde ja vieles davon voraus gesagt. Aber die Fernsehbilder dazu sind doch einigermaßen beklemmend, wenn ich sie dann tatsächlich zu Gesicht bekomme. Ein Haufen von Leuten, die den Machtverlust auch ganz persönlich fürchten, denn es wartet etliches an Unannehmlichkeiten von gesetzlicher Seite auf Trump und seine Vasallen, wenn der 20.1. erstmal gekommen ist.


    Das werden noch zwei lange Monate ... und etliche verstörende Bilder sind wohl noch zu erwarten.


    Dass mit Donald Trump Jr. jetzt schon das vierte Familienmitglied Covid19-positiv ist ohne ernste Folgen, zeigt mir nur eines: Sogar der Virus möchte nicht zu lange bei denen bleiben.

    [b] Sorry, no dragons in Winterfell!


    Hodor I. Targaryen wählte nach seiner Inthronisierung das neue Motto seines Hauses aus: "Hodor"!

  • https://fivethirtyeight.com/fe…-will-the-courts-respond/


    Die neue Aufteilung der Wahlbezirke in North Carolina würde den Republikanern in einer durchschnittlich verlaufenen Wahl 10/14 Kongresssitze verschaffen. In einem der knappsten Swing States. Gerrymandering hat Tradition, aber das wird inzwischen in einem Maße dreist...


    Die Reps in Texas haben netto beim Redistricting wohl kein Plus gemacht hat, angesichts der demografischen Trends und der Verstädterung ist das relativ gesehen trotzdem ein Gewinn. Und die Midwests sind schon seit langem so gerrymandert, dass die Dems dort kaum noch Sitze haben.


    Schwer nachvollziehbar, dass sich die Dems angesichts dieser Situation nicht zusammenreißen. Aber durchaus auch merkwürdig, dass es in der Bevölkerung anscheinend weitgehend hingenommen wird.

  • #GeorgeSantos


    Als stolze Nachfahrin amerikanischer Ureinwohner und ehemalige FBI-Agentin und möchte ich das mir zu Verfügung stehende mentale wie pekuniäre Kapital geformt aus drei Ivy League Abschlüssen und einem Viertel von Ohio nunmehr dazu nutzen, für die stolze Partei der Republikaner für den Senat zu kandidieren.


    Danke, danke.

    Die USA sind, offensichtlich, tatsächlich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.


    Mehr als Santos verhältnismäßig absurdes Lügengebilde besorgt mich, dass sich die Republikaner inzwischen angeblich schwer tun überhaupt noch erfolgreiche, gemäßigte Kandidaten zu finden. Gemessen daran, wieviel Ärger unsere eigene Wichtelquote in der Bevölkerung von 20-25% verursacht.

    I have been despised by better men than you.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!