Bei mir ist es leider auch so, dass ich gar nicht mehr gerne an die letzte Staffel GoT, insbesondere die letzte Folge, denken möchte. Im Normalfall hätte ich die gesamte Serie schon 2-3 mal ge-rewatched, aber bei GoT hat mich bisher stets irgendetwas davon abgehalten. Vielleicht möchte ich die tief sitzende Enttäuschung in mir einfach nicht nochmal entfachen.
Zwar kann ich zumindest umsetzungstechnisch immer noch allen Folgen auch Positives abgwinnen- es gibt wahrlich einige grandiose Einzelszenen und (für mich) hochemotionale Momente, die man sonst nur aus dem Kino-Fromat kennt (gerade auch in der so verhassten letzten Folge)-
aber was nützt das alles, wenn die gesamte Handlungsentwicklung im Lichte einer so schändlichen Inkohärenz mit dem zuvor so aufwändig und durchdacht konzipierten Universum steht? Wenn Figuren mit einem über viele Staffeln etablierten, komplexen Charaktergerüst sich plötzlich total untypisch und bescheuert verhalten? Wenn wichtige Ereignisse oder Schicksale nicht zu Ende erzählt werden? Wenn eine über Jahre aufgebaute, vermeintlich unbezwingbare Bedrohung in der einzigen Auseinandersetzung einer einzigen Folge im wahrsten Sinne des Wortes pulverisiert wird? Wenn der angekündigte, potentiell über Jahre oder gar Jahrzehnte andauernde Winter und damit verbunden die so gefürchtete lange Nacht nur 5 Minuten dauert? Wenn sämtliche Kriegsgeneräle über Nacht alle Geschicke der Kriegs-/ und Verteidigungskunst vergessen und ganze Armaden von Soldaten vollkommen sinnlos in den sicheren Tod schicken? Wenn die Usurpatorin sich samt Gefolgschaft vor den Stadtmauern der Hauptstadt quasi auf dem Präsentierteller vorstellig macht, der herrschenden Regentin aber zu keinem Zeitpunkt in den Sinn kommt, die potentielle Bedrohung auszuschalten und den Krieg gleich hier und jetzt zu beenden? Wenn nahende Schiffsflotten vom Rücken eines Drachen aus so lange nicht erkannt werden, bis selbige zielsicher mit einem Ballisten vom Himmel geholt werden können? Wenn sich die selbst ernannte rechtmässige Tron-Erbin, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, dem Königreich Frieden zu bringen, binnen weniger Augenblicke zur rasenden Massenmörderin mutiert? Die Aufzählung könnte noch lange so fort geführt werden...
Nicht zu vergessen die Unzahl an Anschluss-/ und Formfehlern von kleinen Schnitzern wie herumstehenden Starbucksbechern bis hin zu schmerzhaften Fails wie der Tatsache, dass der Red Keep auf einmal nicht mehr am Wasser steht oder Gendry sich Rivers nennt....
Ich muss Maegwin mit jedem Wort zustimmen, obwohl auch ich mich immer eher als Verteidiger der Serie sah- doch im Lichte des etablierten barbarischen Universums und der durchgängig rivalisierenden Fraktionen und Stämme, der zahllosen politischen Intrigen, Ränkeschmiedereien und dem endlosen Machtgehabe ist die Tatsache, dass ausgerechnet ein Krüppel mit ominösen magischen Fähigkeiten zum König ernannt wird an Absurdität nur noch dadurch zu überbieten, dass das Ganze von einem gefangen genommenen Zwerg initialisiert wird, dessen Kopf eigentlich längst auf einem Spiess stecken sollte. Mal abgesehen vielleicht von Vikings gibt es wohl kaum noch eine Serie, die ein so ausgiebig detailliertes Bild des Status Quos zeichnet, in dem ausschliesslich von den Starken und Mächtigen die Geschicke der Welt bestimmt werden und die Schwachen/Beeinträchtigten keinen Platz haben. Dass dann ausgerechnet ein "Rollstuhlfahrer, ein Kleinwüchsiger, ein Dicker, ein Mannsweib, ein Kneipenschläger, ein verkrüppelter Schmuggler und ein kastrierter Ausländer" (sorry für den Diebstahl dieser Zeile) die Demokratie innerhalb einer einzigen Ratssitzung etablieren und die wenigen verbliebenen Lords von Westeros das mal eben so abnicken ist so grotesk dumm, dass man einfach nicht mehr viel dazu sagen kann. Und wer zum Geier war überhaupt dieser namenlose Repräsentant aus Dorne? Und warum sollte das so selbstbewusste und stolze Dorne den Vorschlag von einem krüppeligen Fürsten des Nordens regiert zu werden ohne auch nur ein einziges Zucken abnicken? Und was zum Teufel machen Figuren wie Sam und Brienne überhaupt in so einer Ratssitzung? Und warum steht Sam eigentlich nicht hinter Jon und erwähnt vielleicht mal so nebenbei, dass selbiger der EINZIGE ist, der nach westerosischen Sitten noch am Ehesten Anspruch auf den geschmolzenen Batzen Metall der mal der eiserne Tron war, erheben könnte? Und warum laufen am Ende die Dothraki fröhlich an Jon vorbei? Ich meine.... immerhin hat er ja ihre verehrte Khaleesi abgestochen, das Blut ihres Blutes und so... nur mal so nebenbei...
Auch wenn ich unmittelbar nach dem Ende der Serie von Wehmut und Emotionen geblendet war, diese Ratssitzung und das Happy End gehören im Nachgang insgesamt für mich zu den undurchdachtesten und misslungensten Szenen aller Staffeln. Einfach nur lachhaft. Ganz egal wie eilig man es hatte und welche Hürden einem adäquaten Abschluss auch im Weg standen, mit den letzten 4 Folgen der Serie haben D&D aus der potentiell grössten Geschichte aller Zeiten den grössten Witz aller Zeiten gemacht.