Dennoch muss ich konstatieren, dass eine 100 %ige Umsetzung wohl weniger Zuschauer angezogen hätte. 13-14 Jährige Kinder, die rumvögeln und sich mit Schwertern hauen? Ich denke, für viele wäre dies verstörend und weniger nachvollziehbar gewesen. Für dieses Grundverständnis hätte man nämlich vorher das Buch lesen müssen!
Joa, möglich. Aber auch möglich, dass niemand eine 100%ige Umsetzung erwartet hat. Mit der Anhebung des Alters der jungen Charaktere hat eigentlich auch fast niemand ein Problem, leider wurde aber ein 24jähriger Tyrion so sehr angehoben, dass man das "Little brother" von Jaime gar nicht mehr ernst nimmt, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Catelyn wurde Richtung Großmutter gecastet und Emilia Clarke nimmt man auch keine 18 oder 19jährige ab. Ned und Cersei sind ungefähr die gleiche Altersstufe, wovon man allerdings kaum was merkt. Und so weiter und so fort. Stört mich als reinen Seriengucker nicht, stößt mir aber als Buchleser auf, auch wenn es sich noch um eines der kleinsten Delikte der "Verfilmung" handelt.
ZitatIn der ersten Staffel kann ich keine gravierenden Unterschiede erkennen, abgesehen vom Alter und der durchaus legitimen Interpretation der Charaktere.
Ernsthaft?
Setz dich mit dem Buch hin und vergleich das, und du kommst aus der Aufzählung der Unterschiede gar nicht mehr heraus.
Wenn übrigens im Buch steht, dass Ned sich vor einer Ratssitzung die Klamotten wechselt, und er in der Serie das Gegenteil macht, hat das nichts mit "legitimer Interpretation" zu tun. Es ist einfach eine Veränderung, die durch nichts in der Buchvorlage begründet ist. Abgesehen davon wurden ganze Schlachten weggelassen, das Aussehen stimmt eher selten überein, sämtliche Rückblenden fielen raus, 90% der Hintergrundinfos über Westeros, Massenaufläufe wurden sowieso minimalisiert usw. Natürlich kann man hier und dort auf das Budget oder das Medium verweisen, aber die Behauptung, dass Buch und Serie fast identisch sind, ist doch recht einfach zu widerlegen.
ZitatHaus Stark
Rein von den im Buch vorgegebenen Attitüden meiner Meinung nach fast alle Charaktere sehr gut umgesetzt.
Robb schickt 2000 Männer in den sicheren Tod, Ned besitzt kein Standesbewusstsein, dafür aber eine Vorliebe für Gespräche mit Jaime, und Catelyn wurde fast völlig auf die Rolle der besorgten Mutter reduziert. Allgemein wird das Haus Stark hinterwäldlerisch irgendwo in der Pampa auf einer dunklen und ungemütlichen Burg angesiedelt. Völlig daneben. Im Buch ist die Burg nicht nur viel größer, sondern auch wesentlich gemütlicher samt modernem Wintergarten und Heißwasserquellen. Außerdem befindet sich ein Dorf vor Winterfell, wo Leute leben. Ja, auch im Norden gibt es Menschen.
Das Haus Stark ist eines der mächtigsten in ganz Westeros. Und das kommt irgendwie nicht so wirklich durch.
Arya, Sansa, Bran und Rickon waren für mich ok, auch wenn es glaube ich Sansa-Liebhaber gibt, die die Wände hochgelaufen sind.
Jon hast du ja selber schon angesprochen, dass er nicht das Temperament der Buchvorlage mit sich bringt, was wohl irgendwo auch am Darsteller liegt.
ZitatHaus Lennister
Cersei steigert sich, Jamie spielt seine Arroganz von Anfang an hervorragend, Tyrion ist nicht ganz so hässlich wie im Buch, spielt aber auch hervorragend. Wunderbar, wie er alle Angriffe auf Äußerlichkeiten mit seiner Eloquenz abwehrt und seine Gegner mit Worten entwaffnet.
Cersei ist von Anfang an viel zu bitchig. Jaime bringt die Arroganz wunderbar rüber, ist aber in der ein oder anderen Szene meiner Meinung nach nicht gut getroffen. Würde Buch-Jaime zum Bastard von Ned Stark gehen? Selbst wenn er sich nur über ihn lustig machen will, erscheint mir das unter seinem Niveau in jeglicher Hinsicht. Und würde Buch-Jaime mit Ned ein Gespräch im Thronsaal führen wie in der Serie? Sein Handeln gegenüber dem Mann verteidigen, dem er beim ersten Blick angesehen hat, dass er keine Verteidigung zulassen würde? Der Clou ist doch, dass Jaime bis zu Brienne mit gar keinem über die Tat spricht. Und völlig verquert war seine Aussage "Es wäre nicht sauber gewesen" bezüglich des Kampfes mit Ned hinsichtlich seiner begangenen und zukünftigen Taten.
Tyrion ist zum einen nicht nur nicht hässlich, er wird auch systematisch zum Publikumsliebling aufgebaut. Er hat eine ziemlich blütenweiße Weste, was ich bei der interessanten Charakterzeichnung im Buch doch sehr schade finde. Aber zu ihm wurde schon so einiges im entsprechenden Serien-Tyrion-Thread geschrieben.
Joffrey wird charakterlich gut dargestellt, Jack Gleeson ist aber wohl wirklich keine überragende Schönheit. Andererseits wird er in den Sansa-Kapiteln wohl auch idealisiert beschrieben, da sie ihn ja später nicht mehr als schön empfindet. Da das Verhältnis zu einem Menschen aber meistens auch Einfluss auf die Beurteilung seines Aussehens hat, ist das ein etwas schwierigerer Punkt.
ZitatHaus Baratheon
die homosexuellen Andeutungen bezüglich Renly fand ich etwas unnötig, oder wird dies in den späteren Bändern angedeutet?
Ja, gibt sowohl Andeutungen als auch die Bestätigung von GRRM.
ZitatHaus Arryn
Genauso habe ich mir Lysa und Robert vorgestellt.
Zumindest Lysa solltest du dir äußerlich anders vorgestellt haben, ansonsten hättest du nämlich das Buch nicht sehr gründlich gelesen.
Charakterlich fand ich die Frau mit ihrer Paranoia und ihrem Irrsinn recht gut getroffen.
ZitatHaus Targaryen
Emilia Clarke! Klar ist sie anfangs naiv und blauäugig. Sie ist 13 und hat keine Eltern und der einzige, der ihr die Welt erklärt, ist der verrückte Viserys. Dennoch ist sie verdammt süß und heiß, aber auch erhaben, wie eine Königin. Dieses underacting gefällt mir im Gegenteil sehr gut. Was soll sie denn machen? Die ganze Zeit lachen und weinen?
Sie müsste älter als 13 sein, wahrscheinlich soll sie um die 18 sein.
ZitatDer Serien Viserys ist verdammt gut gelungen und das "Stimme überschlagen" spielt er einfach genial. Er schafft es sogar, Sympathie und Mitleid zu erzeugen. Hier ist ganz deutlich zu erkennen, dass er nicht in der Lage ist, sein schweres Erbe anzutreten und sich dessen auch bewusst ist, aber es aufgrund seines Stolzes nicht eingestehen will. Er belügt sich lieber selbst und stirbt, anstatt sich seine hoffnungslose Situation einzugestehen.
Wie man seine Handlungen und seinen Charakter auch immer interpretieren mag, ihn fand ich ziemlich gelungen übernommen.
Zitatkleiner Rat
Littlefinger muss dem Seriengucker viel erklären, da er nicht über alle Zusammenhänge Bescheid weiß. Dadurch geht seine Verschlagenheit etwas verloren, dennoch löst der Schauspieler dies verdammt gut.
Natürlich spielt der Darsteller gut. Ändert aber eben nichts daran, dass der gerissene LF Huren seine Motivation verrät. Wodurch er bei genauerer Betrachtung zu einem ziemlichen Deppen wird. Aber zum Glück betrachtet das ja niemand genauer.
Auch die Dialoge mit Varys sind schauspielerisch große Klasse, widersprechen aber eben den Buchvorlagen.
Pycelle fand ich ebenfalls gut übernommen.
ZitatGraufreud fand ich bisher nicht recht überzeugend, die Clegane Brüder hätte ich mir noch etwas verruchter vorgestellt.
Zumindest Theons Arroganz wurde ganz gut dargestellt. Aber laut Buchvorlage sollte er doch eigentlich gut aussehen.
Gregor hat ja sowieso nur seinen Kurzauftritt beim Turnier, den er auch recht überzeugend absolviert.
Sandor wurde ja einiges an Redeanteil gestohlen, sodass er etwas blass bleibt.
ZitatFür mich aber eher ein anmaßender Kritikpunkt, da Unterschiede der Häuser, Ränge, Zugehörigkeiten äußerlich erkennbar sind.
Wenn ich mir die Starks so ansehe, ist das eben nicht der Fall.
Und wie schon geschrieben, empfinde ich Winterfell überhaupt nicht als gelungen.
ZitatInhaltlich sehe ich hier keine großen Veränderungen.
Zumindest die Haupthandlung wurde halbwegs korrekt wiedergegeben, ja.
Entschädigt aber nicht für das, was sie alles verändert haben.
ZitatLiteratur ungleich Fernsehen!
Ist ja mal ein ganz neues Argument.
Übrigens ist das auch den Kritikern schon aufgefallen. Und wenn bei der ein oder anderen Schlacht gespart wird oder Hintergrundwissen weggelassen wird, ist das auch meistens ok. Man darf auch Szenen ergänzen, streichen, verändern usw. Genauso Charaktere zusammenlegen oder streichen. Aber ASoIaF lebt vor allem von der interessanten Charakterzeichnung und für das Fantasy-Genre erstaunlich klischeefreien Handlungssträngen, und da beginnt die erste Staffel bereits, das zu verflachen. Im Gegensatz zu Staffel 2 ist die erste Staffel aber noch genial, das mag wohl stimmen.
Das waren für das Erste genug Steine.