Colleen McCullough kenne ich nur als Verfasserin der Dornenvögel. Das ist ein großer Familienroman und es geht um eine verbotene Liebe zwischen einem katholischen Priester und einer jungen Farmerin in Australien. In den 80ern gabs da auch ne Serie dazu, die mich als Kind beeindruckt hat. Aber das Buch ist schon ne ganz schöne Schnulze. Ist das bei dem historischen Roman auch so?

Was lest ihr gerade oder wollt ihr lesen?
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Aber das Buch ist schon ne ganz schöne Schnulze.
Ist es,und oh weh ,es ist sooo lange her,dass ich es gelesen habe aber so weit ich mich erinnere,habe ich das ganz gerne getan. -
@penelope: Ich finde, dass man "The First Man in Rome" durchaus anmerkt, dass er von einer Autorin geschrieben wurde, die Erfahrung mit Schnulzen hat bzw. eine Vorliebe für solche. Das meinte ich oben mit "die emotionalen Stellen sind manchmal arg übertrieben". Emotional war dort vielleicht das falsche Wort, ich meinte wohl hauptsächlich die Stellen, die etwas mit romantischen Gefühlen zu tun haben. Im Spoiler findet sich genauer, was ich da übertrieben fand, und diese Plotelemente trifft der Begriff "schnulzig" ganz gut.
Für das Buch als Ganzes kann ich trotzdem Entwarnung geben, denn sie machen nur einen kleinen Teil des Gesamtromans aus. Schwer sowas im Nachhinein zu schätzen, aber ich würde vermuten, gemessen in Seitenanzahl deutlich weniger als 10 Prozent. -
Saliya Kahawatte - Mein Blind-Date mit dem Leben
In der Autobiographie, auf der der gleichnamige Film basiert, beschreibt Saliya Kahawatte, wie er trotz einer starken Sehbehinderung (am Ende nur noch 5 % Sehvermögen, nicht von Anfang an, wie im Film dargestellt) Karriere in der Gastronomie-/Hotelbranche macht. Und das ohne jemand zu sagen, wie wenig er sieht (außer ausgewählten Freunden).
Die Teile, in denen Saliya über seine Behinderung, seinen Umgang damit, seinen Umgang mit alltäglichen Problemen und seine prinzipielle Einstellung zu Inklusion u.ä. schreibt, ist das Buch sehr interessant. Leider ist es bei weitem nicht so gut in den Teilen, in denen er allgemein über sein Leben und seine Einstellungen schreibt (die vermutlich schon überwiegen). Vielleicht auch, weil ich mich mit kaum einer seiner Einstellungen identifizieren kann. Bestimmt aber auch, weil dort einfach zu wenig (für mich) interessantes erzählt wird.
Kann man mal lesen, aber zu viel sollte man sich nicht erhoffen. 3/5Übrigens merkt man bei der Leküre auch, dass der FIlm eine sehr, sehr freie Adaption ist. Das ist okay, weil er prinzipielle Dinge gut einfängt. Trotzdem würde ich mir an der Stelle wünschen, dass man Werbung a la "Beruhend auf..." oder "Frei nach..." macht und nicht mit "Nach dem Buch ... ".
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Ich versuche es gerade mit der "Foundation Trilogie" von Asimov.
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Ich wäre eigentlich noch gerne ausführlich auf die Sardor-Trilogie von Thomas Ziegler eingegangen, bin aber nie dazu gekommen und krieg' es jetzt nicht mehr angemessen zusammen. Das ist kein Schaden, denn schließlich hat "molosovsky" schon vor Jahren eine perfekte Rezi verfasst:
https://www.google.de/url?sa=t&sourc…SnTP2JSWKUKTDuw
Ich möchte nur noch erwähnen, dass man im Abschlussband m. E. durchaus einen Stilbruch bemerkt. Markolf Hoffmann ist ohne Frage ein sehr talentierter Schreiber (werde deshalb wohl auch noch etwas eigenständiges von ihm lesen) doch hatt er in meinen Augen nicht die Begabung Zieglers. Dem Teil von Hoffmann mangelt es schlichtweg sowohl an der Kraft als auch an der selbstironischen, unaufdringlichen Komik, die Thomas Ziegler in den ersten zwei Bänden (vorallem dem zweiten!) an den Tag legt. Fairerweise muss ich aber ebenfalls sagen, dass auch Ziegler --sowohl in dieser Hinsicht als auch was die grausig-fiebrig-schöne Imagination in den vorangegangenen Teile angeht-- im dritten Band nachgelassen hat. Ob einem das von Hoffmann erdachte Ende gefällt ist Geschmackssache.
Jedenfalls ist "Sardor" ein überaus faszinierendes Werk, von dem man fast gar nicht glauben kann, dass es aus dem Deutschland der 80er kommt. -
Ein Buch, das mich schon seit einiger Zeit beschäftigt:
Elizabeth Greenwood - Playing Dead: a Journey Through the World of Death Fraud
Leider ist die Beschreibung in diesem Fall kein Kompliment - das Buch beschäftigt mich schlicht so lang, weil ich so lange gebraucht habe, um es fertig zu lesen und was anderes immer interessanter war. Wie am Titel zu erkennen, geht es darum, seinen eigenen Tod vorzutäuschen und inwiefern das heutzutage möglich ist. Dazu gibt es ein Kapitel um jemand, der Leuten hilft zu verschwinden, eines um einen Ermittler einer Versicherung, eines um einen, der seinen Tod vortäuschte und bis er sich stellte damit Erfolg hatte, eines über die Angehörigen und eines darüber, dass die Autorin selbst auf den Philippinen eine (schlecht) gefälschte Todesurkunde von sich selbst organisiert. Außerdem gibt es noch ein eher unpassendes Kapitel über Leute, die glauben, dass Michael Jackson noch lebt.
Das Thema hat mich sehr interessiert, daher habe ich das Buch auch gekauft. Und wenn die Autorin beim Berichten von Fakten über das Thema bleibt, fand ich das Buch auch interessant. Leider schweift sie viel zu oft ab, sei es um ihre eigene Situation zu schildern (wegen Studentendarlehen ist sie verzweifelt und kam auf die Idee zum Buch, weil sie selbst (vermutlich größtenteils unernst) mit dem Gedanken gespielt hat, ihren Tod vorzutäuschen) oder sei um viel zu viele uninteressante Details zu liefern (wo hat sie sich mit den Leuten getroffen und was haben sie gegessen oder getrunken, während sie interviewt wurden). Beides ist uninteressant für mich, ersteres weil ihr eigener Fall viel zu banal ist und zweiteres weil mich solche Sachen jetzt wirklich nicht interessieren.
Da gleichzeitig gar nicht so viel Inhalt im Buch steckt, vermute ich, dass sie einfach nicht genug Stoff hatte und so das Buch auch aufblähen wollte. Ich glaube mit einem viel kürzeren Buch zu diesem Thema oder sogar mit einem Zeitungsartikel hätte ich viel mehr anfangen können.
Ich vergebe 2/5 für das Thema und die paar interessanten Fetzen, die ich darüber mitgenommen habe. -
Isaac Asimov - Caves of Steel
Caves of Steel ist ein klassisches Who-Done-It-Buch im Science-Fiction-Gewand. Als solches ist es gut, aber nichts besonderes. Die Aufklärung des Mordes macht Sinn und ist fair (d.h. man hätte selbst darauf kommen können), leidet aber darunter, dassSpoiler anzeigen
kaum Verdächtige und zu wenig echte Ermittlungsarbeit vorkommen. Vor allem Ersteres ist, wenn man miträtseln will, ein echtes Problem.
Wirklich glänzen kann der Roman in seiner Vorstellung einer Gesellschaft, die nach bestimmten Prämissen lebt - allgemein ist er soziologisch (auch in der Reaktion auf Roboter) sehr interessant. Zudem liest er sich schnell und spannend. Außerdem mochte ich die Sicht des Hauptcharakters, gerade weil ich ihn teilweise nicht verstand, er aber konsequent so gezeichnet war.
Abzüge gibt es für die Nebencharaktere (niemand bleibt in Erinnerung, die, die die größte Rolle spielen sind ein Roboter ohne Persönlichkeit und die sehr einfach gezeichnet (und daher der vorurteilsbehafteten Zeit in der das Buch geschrieben wurde, entsprechende) Frau des Hauptcharakters), den Spoiler oben sowie die Tatsache, dass die ethische Frage nach der Behandlung von Robotern auf dem Entwicklungsstand, den sie im Buch hatten, nicht allzu überzeugend war. Als Beobachtung und Kommentar zu Fremdenfeindlichkeit macht das Ganze allerdings schon viel mehr Sinn.
Da ich Who-Done-Its mag, die Auflösung gut fand, und die Welt des Romans mag, war ich insgesamt durchaus überzeugt von diesem Buch - 4/5.
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Simone Dalber - Papiergeflüster
Anekdoten aus dem Alltag einer Buchhändlerin. Die Autorin kommt sympathisch rüber und es ist auch gut zu lesen. Leider leidet es unter genau dem, was man bei der Beschreibung als erstes befürchtet - der Alltag einer Buchhändlerin gibt einfach zu wenig Erzählenswertes her. So beschäftigt sich das interessanteste (weil lustige) Kapitel mit der Bestellung von "Plüsch-Krankheiten" wie z.B. Syphillis und den damit einhergehenden Missverständnissen. Ansonsten geht es um Inventur, Wasserschäden und Kunden, die ohne Namen bestellen wollen. Alles ganz nett, aber nichts davon wirklich spannend. Schade. 2/5 -
Armageddon rockt
habe es bisher nie gelesen, mir jetzt aber doch mal die Neuauflage gegönnt. Bin bisher noch unschlüssig - kann mit dem Setting nicht sooo viel anfangen. Obwohl man den Stil von GRRM natürlich in jeder Zeile rausliest, schon daher lohnt es sich eigentlich...
Liebe Grüße
Billy
http://xn--fantasy-bcher-4ob.net/das-lied-von-eis-und-feuer/ -
Colleen McCullough - The Grass Crown
Nachdem ich den zweiten Teil der Serie Masters of Rome gelesen habe, muss ich zunächst mal meine Inhaltsangabe zum ersten Teil etwas zurechtrücken - in diesen beiden Teilen zusammen geht es um das Leben von Gaius Marius. Im vorliegenden zweiten Teil aber noch mehr um Sulla. Dabei geht es um die Zeit ab 98 v. Chr., also recht nah an den Geschehnissen des ersten Teils. In die Zeit, die der Roman abdeckt fallen also (man kann den Spoiler beruhigt lesen, falls man sich mit der Zeit auskennt)Spoiler anzeigen
der Bundesgenossenkrieg mit Italien, der Beginn des Krieges mit Mithridates sowie der Bürgerkrieg (oder nur ein Teil davon?) zwischen Marius-treuen und Sulla-treuen.
Die Geschehnisse des Romans haben mir durchaus ein Stück besser gefallen, als beim ersten der Reihe, vermutlich hauptsächlich weil die Zeit etwas mehr hergab.
Leider sind dafür die Mängel in der Umsetzung für mich deutlicher geworden. Einerseits nochmal zurück zur Frage von penelope: Schnulzig ist der Roman immer noch nicht, dazu spielt Liebe eine zu kleine Rolle. Kitischig ist der Roman aber sehr wohl. So gibt es etwa oft Stellen an denen Leute so böse schauen, dass ihr Gegenüber direkt sieht, was für ein abgrundtief ungeheures Monster ihm gegenübersteht. Oder der junge Caesar wird sehr, sehr übertrieben dargestellt (mit zwei war er schon allen anderen überlegen - und das natürlich in allen Belangen). Auch wird gerade die Entwicklung von Gaius Marius mehr behauptet als greifbar. Und schließlich gab es noch einen Schwachpunkt, den gelegentlich auch schon der erste Teil hatte, der mir dort aber nicht so auffiel - wenn mal nicht aus Sicht von einem der Haupt- oder Nebencharaktere geschildert wird, so ist der Stil doch sehr berichtend und damit nicht unbedingt spannend.
Schließlich noch ein inhaltliches Problem, das ich hatte, aber das liegt vermutlich an den realen Geschehnissen: Religion spielt eine viel zu mächtige Rolle (zu groß wäre falsch, so oft kommt sie nicht vor). Dass man Religion benutzt, um seine Machtinteressen durchzusetzen schön und gut. Dass das aber zu einer Deus Ex Machina wird, und man seine Gegner so sehr leicht ausspielen kann, ist, wenn man politische Tricksereien, Intrigen und WInkelzüge erwartet etwas enttäuschend.
Das hört sich recht negativ an, aber ich hatte dennoch Spaß bei der Lektüre, vor allem wegen des faszinierenden Inhalts. Wenn man sich für die Zeit interessiert, wird man sicher gut unterhalten. Muss aber mit den oben beschriebenen Abstrichen leben. 3/5 -
Ich lese gerade "Station Eleven" von Emily St. John Mandel. Es geht um das Ende der Welt. Genauer gesagt rottet die "Georgia Flu", eine Supergrippe, einen Großteil der Menschheit (schätzungsweise 99,99%) aus. Das Buch beschäftigt sich mit den wenigen Überlebenden. Die Handlung hüpft zwischen den Zeitlinien hin und her und beschreibt das Leben vor und nach dem Kollaps. Dabei ist es aber kein Survival-Roman sondern beschäftigt sich mit den Schicksalen der Menschen und damit, dass reines Überleben ist nicht genug ist.
Mir gefällt das Buch bis jetzt sehr gut. Es hat durchaus philosophische Ansätze, kritisiert unsere Gesellschaft und beschäftigt sich nach dem Streben nach etwas Höherem. Dazu kommt eine überaus schöne Sprache. Falls das Buch gegen Ende nicht deutlich abflacht gebe ich eine absolute Leseempfehlung.
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Klaus Volk - Die Wahrheit vor Gericht
Ein Buch, in dem es vor allem um eine Beschreibung des deutschen Rechtssystems geht. Dabei findet sich auch einiges an Rechtstheorie (warum sollten Dinge so und so sein), einiges an Kritik, ein bißchen was über das amerikanische Rechtssystem zur Abgrenzung, ein bißchen was zurRechtsgeschichte zur Einordnung und ein bißchen was zur (Rechts-)Philosophie, hauptsächlich, wenn es um die titelgebende Frage (die eigentlich immer präsent ist) geht, was denn die Wahrheit sein soll, bzw. vor allem, was denn die Wahrheit vor Gericht sein soll.Das Buch ist sehr interssant und auch gut geschrieben, mich hat allerdings die Schwerpunktsetzung etwas enttäuscht, das es für mich zu viel darum ging, wie das deutsche Rechtssystem jetzt aufgebaut ist (immer am roten Faden der Wahrheit und wie sie durch manche Teile beschnitten wird (größtenteils zurecht, aber auch wirklich immer?)) und zu wenig, bzw. zu indirekt darum, warum Dinge wie sein sollten. Trotzdem empfehlenswert und für Leute mit anderen Prioritäten als ich, erst recht.
Karl Edward Wagner - Dark Crusade
Das zweite Buch um Kane hat bis auf das erneute Auftauche eben jenes Kane nichts mit "Bloodstone" zu tun. Stattdessen geht es hier um einen religiös motivierten Eroberungskreuzzug und den damit verbundenen Krieg.Einer der größten Vorzüge ist dabei wieder die Dichtheit. Es passiert einfach sehr viel interessantes. Auch der erneut sehr gute Schreibstil und die Komrimosslosigkeit konnten mich überzeugen. Erneut ist außerdem Kane ein als sehr interessanter (obwohl oder vielleicht auch weil er teilweise mysteriös bleibt) Charakter beschrieben. Immer wieder wird am Rande eingebaut,
Spoiler anzeigen
welche Probleme man als Unsterblicher so hat,
was spannend zu lesen ist.Leider sind die anderen Charaktere diesmal nicht ganz so gut gelungen wie in "Bloodstone". Außerdem hat ich das Ende nicht überzeugt. Daher diesmal nur 3/5 für einen trotzdem sehr unterhaltsamen Roman.
William Poundstone - Are You Smart Enough to Work at Google?
Wie der Titlel schon verrrät, geht es um den Bewerbungsprozess bei den ganz großen IT-Firmen und ähnlichen Arbeitgebern am Aufhänger von Google. Es gibt zehn Kapitel, in denen ein bißchen was über Bewerbungsgespräche, deren Ablauf, deren Sinn und sinnvolles Verhalten in solchen geschrieben wird. Und dann gibt es am Ende der Kapitel jeweils einige gerade zum aktuellen Thema passende Fragen. Das sind dann größtenteils Logikrätsel (allerdings größtenteils nicht völlig abstrakte), aber auch mal (Fermi-)Schätzfragen.
Etwa die Hälfte des Buches nehmen die sehr ausführlich geschriebenen Lösungen dieser Fragen ein. Und dieser Teil ist dann auch die große Stärke des Buches: Die Rätsel/Fragen sind größtenteils sehr interessant, größtenteils fordernd und gut gelöst. Manchmal waren mir die Lösungen fast schon etwas zu ausführlich.
Die Kapitel sind zwar auch immer nett zu lesen und interessant, aber lassen auch ein wenig einen roten Faden oder Relevanz vermissen. Es kommt oft eher rüber wie Anekdoten über solche Bewerbunsgespräche und an deren Aufhänger dann ein Kapitel zum entsprechenden Thema.
Trotzdem habe ich mich durch die vielen interessanten Fragen/Rätsel sehr unterhalten gefühlt. 4/5 -
Sophie Seeberg - Der Maik-Tylor verträgt kein Bio
Im neuesten Buch der Familiengutachterin Sophie Seeberg (die also Gutachten ablegt, wenn es um Sorgerechtsfragen geht oder darum, ob Kinder in Pflege- oder Adoptivfamilien müssen) hat diese wie übliche einige besonders interessante Fälle aufgeschrieben.
Während ich die ersten beiden Bücher liebte, merkt man dieser Ausgabe an, dass sie ihr allerbestes Pulver schon verschossen hat und nicht mehr ganz so viele extrem interessante Fälle hat. So gibt es davon noch zwei oder drei und einige weitere, die auch alle gut und unterhaltsam sind, aber eben nicht mehr ganz so spannend wie in den Vorgängern. Zusätzlich zwei Appell-Kapitel, in denen es weniger um Anekdoten und mehr eben um Appelle (an die Leser) geht, die mir nicht ganz so gut gefallen haben. Außerdem ist mir diesmal der Standardkritikpunkt, die Autorin würde sich zu oft arg süffisant über ihre "Kunden" äußern, erstmals auch negativ aufgefallen. Nicht so sehr, wenn sie sich beiläufig ein wenig lustig macht, denn durch das Anonymisierende finde ich das ok, und es wird wirklich sehr, sehr oft darauf geachtet, beide Seiten zu betrachten und nicht zu extrem zu polarisieren (trotz einem Schreibstil, der sicher genauso auf Lacher wie auf seriöse Berichterstattung aus ist). Nur leider war es diemal auch hin und wieder so, dass rein körperliche Merkmale für meinen Geschmack einmal zu oft auf die Schippe genommen wurden.
Das ist jetzt viel Kritik, allerdings ausgehend von einer hohen Erwartungshaltung. Das Buch ist immer noch gut und sehr unterhaltsam - 3/5 und die klare Empfehlung, sich die Vorgänger anzuschauen, wenn man das noch nicht gemacht hat. Die schwanken bei mir zwischen 4/5 und 5/5.Stieg Larsson - The Girl with the Dragon Tattoo
Ein altes Versäumnis, das ich endlich mal nachhole. Im ersten Teil von Stieg Larssons Millenium-Trilogie gibt es zwei Plotstränge - der im Vordergrund stehende dreht sich um ein Ereignis aus der Vergangenheit der Vanger-Familie, der andere im wesentlichen um einen kriminellen Industriellen und journalistische Aufklärung über dessen Machenschaften. Es gibt auch zwei sehr detailliert und realistisch gezeichnete Hauptpersonen, mit denen man gerne mitfiebert. Und das ganze ist einfach unfassbar spannend geschrieben und ge"paced" (mir fällt kein gutes deutsches Wort dafür ein). Um das zu verdeutlichen: Ich habe sowohl den schwedischen als auch den FIlm von Fincher gesehen (wenn auch vor längerer Zeit) und wusste daher recht schnell ungefähr, was passiert, aber trotzdem war ich so mitgerissen, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die 650 Seiten an zwei Tagen runtergelesen habe. Wahnsinn. Gleichzeitig gibt es auch nicht allzu viele Klischees oder "billige Wendungen", wenngleich die GeschichteSpoiler anzeigen
am Ende etwas ihre Erdung verliert. Vorher blieb sie deutlich auf dem Boden, mit der Enthüllung des Serienkillers aus der Vergangenheit hebt das Ganze etwas ab. Aber im Genre-Rahmen immer noch vertretbar.
Ich bin jetzt voll in der Geschichte drin, will wissen wie es weitergeht (mit den Hauptpersonen, sonst scheint alles, außer vielleicht Vorgeschichte abgeschlossen zu sein), und werde so schnell es geht, den nächsten Band lesen. So schnell es geht heißt hier aber, dass ich noch schnell 'Best Served Cold' von Abercrombie auslese, dass ich schon vor 'The Girl with the Dragon Tattoo' angefangen hatte, dann aber, da ich so begeistert war erstmal aufs Abstellgleis geschoben habe. Eine ganze Trilogie lang will ich dann aber doch nicht mit dem Ende warten.
Fazit für TGwtDT: Leichte Abstriche für manche Entwicklungen am Ende (siehe den Spoiler. Wobei mir unklar ist, ob ich diese besser aufgenommen hätte, wenn ich noch unbefleckt durch die Filme gewesen wäre [weil dann ja noch der Überraschungseffekt im Spiel ist]). Trotzdem sehr starke 4/5 -
@Tolotos, ich wollte mal anmerken, dass du in deinen Reviews die Schwächen und Stärken der Bücher sehr gut auf dem Punkt bringst und einen sehr guten Eindruck davon abgibst, für wem und wofür sie geeignet sind. Ich lese sie mir alle gerne durch.
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Erbauer: Danke für das Lob. Es freut mich, wenn jemand gerne liest, was ich schreibe und es jemandem etwas bringt. Hauptsächlich schreibe ich die Bewertungen für mich selbst, weil ich so bewußter lese und mehr darüber nachdenke, warum ich etwas wie fand. Wenn es aber zusätzlich auch noch gerne gelesen wird, ist das umso besser.
Joe Abercrombie - Best Served Cold
Auch wenn ich nicht ganz so begeistert von der 'First Law'-Trilogie war, wie manch anderer, habe ich sie doch gerne genug gelesen und vor allem die Charaktere gut genug gefunden, dass ich mich auf das nächste Buch im selben Universum gefreut habe. Obwohl ich eigentlich reine Racheplots nicht mag. Leider wurde ich nicht nur was den Plot betrifft bestätigt (es gibt zwar gegen Ende ein paar ungewöhnliche Entwicklungen für eine derartige Geschichte, aber dennoch war ich vom Plot nicht begeistert, vor allem wegen seiner episodenhaften Natur), sondern auch was die Charaktere angeht enttäuscht: Shivers hat ein paar interessante Züge, aber die sind sehr, sehr ähnlich zu den Dingen, die Logan in First Law interessant machen - ist also mehr eine Wiederholung [und auch für Erstleser deutlich weniger gelungen als eben jener Logan]. Cosca, den manche scheinbar lieben blieb für mich Comic Relief. Friendly war einer dieser Charaktere, die im wesentlichen nur aus einer seltsamen Eigenschaft (passender: "quirk") bestehen - hier das Fixiertsein auf Zahlen und sonst keine nennenswerte Eigenschaft haben. Monza war halbwegs interessant, vor allem in Verbindung mit den Rückblicken, aber auch keine Revolution. Einzig Morveer konnte sich ein bißchen positiv abheben, war aber halt nur ein Nebencharakter.
Nochmal zum Inhalt - der Beginn ist stark und zieht einen schnell ins Geschehen. Das Ende ist ok, und die Verbindung zum "umfassenderen Geschehen" auch durchaus gelungen. Die Rückblenden zu Beginn der einzelnen Teile haben mir gut gefallen, da sie Stück für Stück mehr von der Vorgeschichte erzählten und damit ein klareres Bild gaben. Leider zieht sich die Handlung zwischendrin aber durchaus. Ich nehme an, das lag vor allem an der epsiodenhaften Struktur - wenn alle 100 Seiten ein neuer Teil mit neuen Spannungsbogen anfängt (die natürlich alle verbunden sind, durch die Rachegeschichte und auch den Krieg, der Styria durchzieht, aber der Fokus liegt vor allem in der Mitte eben auf den Episoden), dann ermüdet das irgendwann. Rein sprachlich hat mich die Angewohnheit verschiedene Charaktere in verschiedenen Situationen das gleiche sagen zu lassen irgendwann sehr gestört. Das kann man mal machen, wobei es dann auch weniger gezwungen wirken sollte als hier - aber wenn es laufend passiert, verschärft sich das Problem noch und es wirkt einfach nur noch künstlich.
Mein Fazit: Man kann das lesen als Popcornliteratur mit nicht allzu interessanten Charakteren, sollte sich aber nicht zu viel erwarten. 3/5 (am unteren Ende dieser Wertung)
Stieg Larsson - The Girl that Played with Fire
Der zweite Teil der Millenium-Trilogie hat einen etwas zähen Einstieg - einige Zeit lang passiert nicht allzu viel. Ich habe trotzdem gerne weitergelesen, einfach weil mich die Charaktere aus Teil 1 noch interessierten und ich wissen wollte, wie es mit ihnen weitergeht, aber eine für sich interessante Handlung lässt eben auf sich warten. Das ändert sich nach etwa 200 Seiten mitSpoiler anzeigen
den Morden an Svensson und seiner Freundin
schlagartig. Die Spannungsschraube steigt, und ich bin wieder absolut drin am Mitfiebern, kann das Buch kaum aus der Hand legen. Ich weiß gar nicht genau, was das Buch (und auch schon sein Vorgänger) dort so richtig macht. Ich nehme an es liegt vorrangig am geschickten Spiel damit, was der Leser weiß, was die Charaktere wissen (was sich je nach Person, aus deren Sicht erzählt wird in beide Richtungen deutlich unterscheidet) und wie damit Spannung aufgebaut wird - einerseits eben dadurch, dass man wissen will, was passiert ist und andererseits dadurch dass man gespannt abwartet, ob bestimmte Charaktere die richtigen Schlüsse ziehen (die man selbst kennt) oder nicht, warum sie das machen und was sie sich sonst denken (was immer nachvollziehbar bleibt).
Leider hat mich die Auflösung des Hauptmysteriums eher enttäuscht. Zusammen mitSpoiler anzeigen
dem sehr übertrieben wirkendem Ende {erschossen, vergraben und dann noch ein solches Comeback?!} und dem auch etwa Comichefthaftem Antagonisten Niedermann
führt das zu einem leicht schlechteren Eindruck als der, den ich vom ersten Teil hatte, obwohl die Spannung zwischendrin mindestens genauso hoch ist. Außerdem merkt man hier definitiv, dass man kein abgeschlossenes Buch liest, denn das Ende ist mehr als offen und auch ein Ereignis ganz zu Beginn hängt erst mal in der Luft. Diesmal nur 3/5 (aber am oberen Ende dieser Wertung)
Was ich etwas seltsam fand (aber kaum in die Wertung eingeht, da es mir nicht wichtig genug ist), war der Umgang mit dem großen Satz von Fermat. Abgesehen davon, dass hin und wieder Formulierungen auftauchen, die eher nicht für große Mathematikkentnisse sprechen (kann aber natürlich auch an der Übersetzung liegen), weiß ich absolut nicht, was ich mit dem Schluß dieses Handulngsstrangs anfangen soll - Alles war nur ein Witz, den Salander dann am Ende versteht und eher für Philosophen, als für Mathematiker gedacht? In dieser Formulierung ist das sehr kryptisch und ich habe nicht ansatzweise eine Vorstellung auf was das hinauswill. Allerdings - wenn es als Metahumor gedacht war (immerhin war Fermats entsprechende Bemerkung auch sehr kryptisch, und niemand wusste, auf was er hinaus wollte), dann ist es lustig. Man hätte es aber vielleicht kennzeichnen sollen.
Wenn hingegen wirklich gedacht war, dass sie eine ernsthafte Lösung des Problems, d.h. einen Beweis gefunden hat... Dann sollten wir wohl nicht weiter drüber reden, wie absurd übertrieben ihre Fähigkeiten dargestellt werden... -
Noch zwei Anmerkungen zu den beiden letzten Büchern:
In beiden Büchern waren die bzw. einige der Protagonisten etwas zu fähig in allem. Warum muss man Salander zu allen intelektuellen Fähigkeiten auch noch erlauben, körperlich absolut jedem überlegen zu sein? Und "Best Served Cold" konnte ich zum Thema "gottgleich kämpfende Protagonisten" auch selten wirklich ernst nehmen...
Außerdem scheint Stieg Larsson oder sein Übersetzer (oder zuallermindest seine Charaktere - dann ist ein unkritisches Aufschreiben dieser Haltung aber auch nicht sinnvoll) nicht zu wissen, was ein Pädophiler ist. Mehrfach werden alte Männer, die eine fünfzehnjährige nackt sehen wollen so bezeichnet, einmal sogar einer, der eine Siebzehnjährige sexuell belästigt. Hier scheint wohl die alte Gleichheit "Sexualstraftäter mit jungen Opfern = Pädophiler", die in beiden Richtungen falsch und bedenklich ist, zu gelten.Jetzt aber zum letzten Teil der Millenium-Trilogie
Stieg Larsson - The Girl that Kicked the Hornets' Nest
Zunächst mal - es gibt keinen dritten Teil. Es gibt einen ersten Teil, der die Hauptcharaktere einführt und einen zweiten Teil mit 1000 Seiten, der rein drucktechnisch (oder aus Zeitgründen) in zwei Bücher aufgeteilt wurde. Nicht nur hatte der zweite Band kein Ende und es geht nahtlos weiter - auch haben erster und zweiter Band einen Prolog, der dritte nicht usw. Das heißt, das ganze wirkt nicht nur wie ein großes Buch, es war vermutlich auch so geplant.
Wie hat mir aber Band 2.b gefallen? Nochmal etwas schlechter als Teil 2.a. Zwar hat mir sowohl die AuflösungSpoiler anzeigen
einige Irre innerhalb der Säpo, die außer Kontrolle sind statt einer immer noch groß angelegten Verschwörung
als auch der Gerichtsprozeß am Ende (wenn auch nicht dessen Auflösung, die war etwas zu simpel) gut gefallen. Zwar war die Botschaft (gegen Sexismus und sexistische Verbrechen) gefühlt noch weniger subtil als vorher schon (weil jetzt auch wirklich jeder Nebenstrang damit zu tun hat), was manchmal etwas extrem und dadurch unrealistisch wirkt (nur in der Häufung, nicht in den einzelnen Sachen), aber wirklich schlimm fand ich das nicht. Was mich hingegen gestört hat, war die fehlende Spannung - da man von Anfang an die Antagonisten kannte (die ersten Kapitel beschäftigen sich viel mit deren Planung) und da man über weite Teile des Buches wusste, dass die Protagonisten diesen voraus sind, kann man einfach nicht genauso mitfiebern. Es passt zur Auflösung -Spoiler anzeigen
ein paar verrückte alte Säcke und deren fanatische Anhänger sind halt nicht so mächtig wie sie denken
aber es macht eben diese wichtige Eigenschaft eines guten Thrillers kaputt...
Damit habe ich mich immer noch gut unterhalten gefühlt, aber ich war eben nicht mehr wirklich mitgerissen. Schade. 3/5.Noch etwas zur ganzen Trilogie: Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass Larsson nicht gut schreibt bzw. ein guter Editor fehlt, u.a. weil er extrem viele extrem unwichtige Alltagserlebnisse vergleichsweise viel Platz einnehmen. Dazu kann ich nur sagen: Ja, solche Passagen gibt es (in allen drei Büchern) recht oft. Gestört haben sie mich zum Glück nicht, warum weiß ich nicht genau (aufgefallen sind sie mir ja schon, denn von der Kritik gelesen habe ich erst jetzt, habe mich aber auch vom ersten und zweiten Buch noch daran erinnert). Ich kann aber durchaus verstehen, wenn das andere stört, denn objektiv ist es teilweise wirklich unnötig.
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Immer wenn ich Tolotos Beiträge sehe, bekomme ich Lust, hier auch mal wieder was aussagekräftigeres und längeres zu schreiben. In letzter Zeit gibt es aber keinen geeigneten Stoff. Entweder geht es über meine Rezensierfähigkeiten (Thomas Ligotti) oder ich habe schlichtweg kaum etwas dazu zu sagen, das aufschreibenswert wäre.
Letzteres ist ein bisschen bei "Maskenhandlungen", das die (angeblich) besten Horrorgeschichten von Malte S. Sembten enthält, der Fall. Es soll vorkommen, dass man über einen spezielleren Autor von Leuten mit speziellerem Kunstbegriff viel, viel Gutes hört, aber bei tatsächlicher Lektüre nicht glauben kann, dass man gerade den selben Schriftsteller liest, über den die alle reden.
In gemäßigter Form erging es mir ungefähr so mit Sembten, denn ich kann nicht sagen, dass ich seine Geschichten nicht gemocht hätte. Es stellte sich bei mir weniger ein Gefühl von Enttäuschung als ein gesundes Desinteresse ein.
Hardy Kettlitz meint, Sembten sei ein Schriftsteller, von dem die meisten noch etwas lernen könnten. Das sehe ich genauso. Sembtens Geschichten sind nahezu perfekt strukturiert, er ist niemals zu wortreich und auch nicht zu schmallippig, seine Figuren sind nicht allzu flach und wirken stets lebensecht. Obschon hier die ein oder andere Erzählung nicht wirklich gelungen ist, muss ich sagen, dass Malte S. Sembten technisch ein beeindruckender Autor ist.
Mein Desinteresse hat er sich durch die Inhalte verdient. Sembtens Geschichten sind so manches Mal harter Stoff, aber längst nicht so hart, dass sie tatsächlich unheimlich wären. Mein Problem mit Metzelhorror ist eigentlich immer gewesen, dass alles was ich in der Richtung gelesen habe (was zugegebenermaßen aber auch nicht viel ist), sich immer bei weitem morbider und bösartiger vorkam, als es tatsächlich war. Sicher kann man einwenden, dass der Fokus hier nie tatsächlich auf Geschnetzel liegt. Wenn ich es mir überlege, komme ich zu dem Schluss, dass ich überhaupt nicht sagen könnte, worauf die einzelnen Geschichten den Fokus legen. Sembten beweist durchaus Einfallsreichtum, ist aber nicht einfallsreich genug, um allein damit zu unterhalten.
Sembtens Horror fehlt irgendwie der entscheidende Sense of Wonder, das Essentielle, was mich solche Geschichten mit einer dunklen Faszination lesen lässt.Malte S. Sembten kann zweifelsohne schreiben. Leider nur nichts, das mich weitergehend interessiert hätte.
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Entweder geht es über meine Rezensierfähigkeiten (Thomas Ligotti)
Du weißt schon, das solche Bemerkungen neugierig machen
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Ich selbst habe Geschichten von Ligotti erst im letzten Jahr zum hiesigen Literaturkreis kennengelernt. Da haben wir eine Anthologie aus dem Festa- Verlag von ihm besprochen. Die Erzählungen üben schon irgendwie eine Faszination auf mich aus. Aber ich glaube seine Texte leben auch von dieser Aura, die den Autor umgibt: öffentlichkeitsscheu, langsamer Schreiber... -
Joah, Ligotti ist ein sehr interessanter. Die paar Interviews, die er gegeben hat, sind immer bemerkenswert gehaltvoll.
Seine Geschichten sind aber nun mal sehr anspruchsvoll. Überaus feiner Stoff, den man nur in kleinen Mengen konsumieren kann und sollte. Dementsprechend aber auch etwas, dass ich über längere Zeit mehrmals lesen muss. "Das letzte Fest des Harlekins" habe ich erst jetzt, nach dem dritten Mal, halbwegs verstanden. Aber solche Rereads und Interpretationsversuche machen mir durchaus Freude.
Lesenswert ist Thomas Ligotti auf alle Fälle. Und Horror ist es auch nur zuträglich, wenn der Autor auch weltanschaulich fest hinter dem steht, was er schreibt. Ligotti hat als Schriftsteller meinen vollsten Respekt, aber ganz ehrlich, ich will nicht in seinem Kopf stecken ... -
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